[Allegro] Multimediale Fortbildung

Bernhard Eversberg ev at biblio.tu-bs.de
Fr Mär 30 13:09:43 CEST 2007


Vorfristig wurde nachfolgende Meldung fertig. Sie kann demzufolge
auch als Wochenendlektüre dienen:


Fortbildung multimedial                                      2007.04.01

Auch die Nostalgie ist nicht mehr, was sie mal war. Der Blick zurück,
ob in Zorn oder Wehmut, hat an Boden wie an Zugkraft verloren gegenüber
dem Sog nach vorn, ins Neuland, zu neuen Gipfeln und neuer Fülle, zu
synthetisierenden Potentialen und potenzierenden Synergien. Selbst wenn
heuer z.B. ein klassizistisches Schloß gebaut wird, so füllt man es
doch mit ganz neuen Inhalten.
Es wird nun umgesetzt, was im 19. Jh. Henry Thoreau schon einmal
so ausdrückte: "Don't look back unless you plan to go there."
Kommen wir auf "allegro" zu sprechen: wer wird heute schon noch
verträumten Blicks den Fortbildungslektionen nachhängen, die zu ihrer
Zeit für Aufsehen sorgten, die nun aber in ihrer schmucklosen Karg-
und hausmachernen Schlichtheit alle Anreize vermissen lassen, die jene
Umfelder auszeichnen, in denen wir uns heute bewegen: Web 3.0,
interoperable Architekturen, barrierefreie Transparenz des globalen
Wissenskontinuums als geistigen Erlebnisraums ohne Medienbrüche.
Überfällig ist mithin ein der neuen Erfahrungswelt gemäßes und darin
wettbewerbsfähiges, multimediales, intuitionsbasiertes Szenario der
Einstimmung und Motivation, der irritationsfreien Heranführung an den
Content, Wege ebnend zum selbstbestimmten, Ressourcen souverän
bündelnden, interaktionsfördernden Handeln.
Fortbildung muß demnach heute dichter dran sein, viel dichter, an den
Gegebenheiten der Infrastruktur, die doch sonst brachläge! Speicher-
volumina, Auflösungen, Taktraten und Bandbreiten himmelweit jenseits
der drangvollen, hemmenden Enge verflossener Millennien, Säkula
und Dezennien - sie bieten den Boden, auf dem vieles üppig gedeihen
kann, wenn wir es nur zu pflanzen und zu pflegen wissen. Das über-
quellende "Füllhorn" der a99-Oberfläche erweist sich als zukunfts-
gerichtete Metapher, das "CockPit" mit seiner rechtwinkligen, linearen
textlastigen Steifheit und Strenge tief in den Schatten der
Vergänglichkeit stellend.

Jeder Arzt weiß aber: Wo viel Wirkung ist, da wachsen auch Risiken und
Nebenwirkungen. Und Schiller mahnte: Wo raue Kräfte ungezielt walten,
da kann sich kein Gebild gestalten. ("Gebilde" sagte man damals, wo wir
heute "Ressourcen" sagen.) Und gestalten, nicht wahr, das müssen
wir schon noch selbst, das nimmt uns kein Experience Collector ab
und kein Knowledge Assembler oder Insight Creator - diese glitzernden
Werkzeuge haben eines gemeinsam: es gibt sie nicht!
Erfahrungen sammeln, Wissen aufbauen und Einsichten hervorbringen,
dazu bedarf es einer kreativen, gezielten Mischung aus HiTech-
Infrastruktur, Premium-Ressourcen und obenan Humankapital. Dabei kann
man viel falsch machen. So schöpfte man z.B. die Potentiale nicht aus,
wollte man etwa das allegro-Systemhandbuch nur als Hörbuch heraus-
bringen! Der Vorschlag ist so neu ja eben nicht, doch das wäre nicht
MultiMedia, denn es fehlte das Video. Zudem ist "Open Content" Gebot
der Zeit, und als Bühne zur Bereitstellung kommt daher nur YouTube in
Betracht, nicht der Vertrieb auf einer DVD. Man wundert sich, daß
Bibliotheken diesem überaus populären Trend noch kaum nähergetreten
sind. (Person des Jahres 2006 ist der YouTuber!) Schauen Sie selbst:
    http://www.youtube.com/watch?v=J2E2hoQnWiQ

Hmm, gewiß gut gemeint, aber das ist ja nicht dasselbe wie "gut".
Denn wortgetreues Vorlesen, und wenn auch mit noch so guter Intonation,
Gestik und Mimik, das kann's nicht sein! Gute Vorleser müssen, wenn es
sich um ein Fachbuch handelt, mit virtuosen Einflechtungen, z.B. auch
literarischen Anspielungen, das Verständnis fördern, wie etwa dieses
Beispiel zum  Thema FLEX zeigt:
    http://www.youtube.com/watch?v=NFNin81NhM0

Doch auch, indem wir dieses niederschreiben, da warnt uns was, daß wir
dabei nicht bleiben. Denn nehmen wir damit nicht die altchinesische
Weisheit vom Bild und den 1000 Wörtern allzu buchstäblich? Als es
entstand, war das (immer statische!) Bild ein ungleich kostbareres
Artefakt als das dürre Wort, das auf Papier im Chinesischen besonders
schwer zu übermitteln ist. Zum gesprochenen (statt gedruckten) Wort
muß das erhellende, und d.h. *inhaltsbezogene* Bewegtbild treten, also
nicht einfach irgendeine Person, die sich zwar bewegt, aber mit dem
Content in keinem erkennbaren Zusammenhang steht. Und so erst finden
wir den wirklich innovativen Ansatz, den wir mit dieser Nachricht ins
Netz und damit in die Welt stellen wollen:

Beispiel 1:
http://www.youtube.com/watch?v=p2MeI_IKL-I
Beispiel 2:
http://www.youtube.com/watch?v=w8Gky6mwTqA
Beispiel 3:
http://www.youtube.com/watch?v=exjQBhtu3eg

Hier wird, und warum ist darauf bloß noch keiner gekommen, genau das
Wesentliche ins Bewegtbild gesetzt: es wird der Vorgang, und nur
dieser, direkt vom Bildschirm abgefilmt, so wie man ihn vollzieht und
in der Realität erblickt, während man ihn ausführt. Ein Konzept
von bestechender Einfach- und fesselnder Unmittelbarkeit. Die Bild-
schärfe, zugegeben, ist noch nicht immer optimal.
Hiermit setzen wir einen anderen chinesischen Sinnspruch um, der die
grundstürzenden Paradigmenwechsel unserer Ära unbeschadet überstanden
hat:
     Ich höre und verstehe, ich sehe und begreife, ich tue und kann.


Übrigens:
"Humankapital" war schon zweimal (1998 und 2004) unter den "Unwörtern
des Jahres". Die Wichtigtuer, die solche Wörter auswählen, haben nur
versäumt, dafür eine Alternative vorzuschlagen! Es ist wie beim
normalen Kapital - man redet besser nicht davon, aber haben muß man
welches.




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