[Allegro] Vb.335 : FOLIO-Erkenntnisse - und was "allegro" dazu sagen kann

Bernhard Eversberg b-eversberg at gmx.de
Mo Apr 26 19:43:32 CEST 2021


Verlautbarung 335 zur allegro-Entwicklung                    2021-04-26
-----------------------------------------

FOLIO : Wichtige Erkenntnisse - und was "allegro" dazu sagen kann
-----------------------------------------------------------------

Die Papiere zur rezenten FOLIO-Veranstaltung:

https://www.folio-bib.org/?page_id=1189 
   und
https://www.folio-bib.org/wp-content/uploads/2021/03/Folio-Tage-2021-FOLIO-als-Plattform.pdf

plakatieren am Ende acht Maximen, die wohl auch in anderen Kontexten schon aufgefallen sind.
An dieser Stelle sei kurz kommentiert, wie es speziell im allegro-Kontext aussieht
mit diesen Maximen, hier mit M1 - M8 numeriert: ("allegrologen" wissen das schon alles)

M1. Es gibt keine Rundum-Glücklich-Lösungen für ILS aus dem Fertigprodukte-Regal
    (ILS = Integrated Library System)

Das war noch nie so und auch FOLIO wird daran wohl nichts ändern.
Es gibt aus Nutzersicht immer zwei Aspekte:
a) Das System ist unvollständig - für uns wichtige Funktionen fehlen
b) Das System ist "anders" - An einigen Stellen arbeitet es anders, als wir's brauchen

Im allegro-System wurden viele, z.T. sehr umfangreiche Funktionen mit Hilfe
von FLEXen geschaffen, die anwenderseitig beliebig änder- und erweiterbar sind,
ohne Eingriffe in die eigentlichen Programme. Ausleihe, Erwerbung und
Zeitschriftenverwaltung wurden komplett so realisiert.


M2. Egal welchen Weg man wählt, man wird mindestens in Schnittstellenentwicklung 
    investieren müssen

Man hat zu unterscheiden zwischen 
a) Offline-Schnittstellen, vor allem zur Umwandlung von Fremddaten, und
b) Funktionalen Schnittstellen zur Nutzung fremder Dienste online im Programm 

Datenwandlung gab es schon früh in Gestalt des Import-Programms und seiner
eigenen Import-Sprache. a99 und acon dagegen machen auch hier Gebrauch von
FLEX, um z.B. Update-Daten an VuFind zu senden oder per Z39.50 Datenätze online
aus Fremdquellen zu besorgen und sofort im eigenen Format zu präsentieren.


M3. Die Anforderungen an digitale Systeme werden komplexer und verändern sich

a) Daten-Komplexität : In allegro erweitert man die .cfg und relevante Parameter,
     die Programme bleiben unberührt.
b) Funktionale Komplexität : FLEX ist stets zu Diensten, um neue Funktionen zu
schaffen und um mit externen Programmen und Diensten mittels "call" und "pipe" 
zu kommunizieren. Ausgereizt ist dieses Potential noch keineswegs.

(Gelegentlich ist die Frage wichtig, ob und wo Komplexität auch kontraproduktiv
oder übertrieben sein kann.)


M4. Die Anforderungen lassen sich nicht mehr durch *ein* System bewältigen, sondern 
    vielmehr durch eine Kombination spezialisierter, aber miteinander integrierter Systeme

   Hierbei gilt F3 b) entsprechend
   Natürlich kann man auch mit externen Modulen, z.B. in Perl oder PHP programmiert,
   geschickt hantieren. Direktzugriff auf alle Elemente und Daten einer allegro-
   Datenbank von außen geht allerdings nur mit FLEX. Ein kleines Hilfsprogramm
   namens flex.exe gestattet es aber, Befehle an ein laufendes a99 zu senden,
   auch mittels pipe, und dann dessen Output zu empfangen und zu verwenden.

M5. Dezentralisierte serviceorientierte Architekturen sind flexibler und damit 
    zukunftsfähiger als monolithische Systeme
 
Va bene, das fällt allerdings mit unter F4. (allegro ist nicht monolithisch)


M6. Ein API-Layer schafft eine gemeinsame Abstraktionsebene (Plattform), 
   auf der dezentrale Dienste aufsetzen und miteinander vernetzt werden können

"API" buchstabiert sich bei allegro als "FLEX":
a) Dezentrale Dienste brauchen nur zu wissen, wie sie mit FLEX Daten aus 
   einem allegro-System abrufen können
b) Das allegro-System braucht nur zu wissen, mit welchen Aufrufen es Daten an ein
   System übermitteln kann (z.B. Update-Daten an VuFind)
   bzw. wie es Daten aus einem Fremdsystem mittels Aufruf eines externen 
   Programms abrufen kann
c) Und andere Dienste? Wie können die von allegro profitieren?
   Das wurde thematisiert in 
   https://bibservices.biblio.etc.tu-bs.de/pipermail/allegro/2020-July/042871.html
   mit Verweis auf  http://www.allegro-b.de/db/demo/extax.htm 
   ("Wie kriegt man aktuelle allegro-Daten in eigene Webseiten rein?")


M7. Expertise ist vorhanden! Sie in ein gemeinschaftliches Projekt einzubringen, 
    stärkt nicht nur die Gemeinschaft, sondern auch die eigene Expertise

Die allegro-Entwicklung und -Community haben Jahrzehnte von der Expertise 
kundiger Anwender profitiert, und von den Anregungen, die daraus hervorgingen.
Das Mail-Forum und eine Serie von Expertentreffen haben dazu beigetragen. 


M8.  Engagement hat positive Effekte auf die Entwicklung des eigenen Personals 
     in vielerlei Hinsicht:
     -  Erwerb digitaler Kompetenzen, 
     -  Projektmanagementfertigkeiten und Data Librarian Skills, 
     -  Identifikation mit einem Produkt, das man selbst mitgestaltet hat,
     -  aber auch "positives Scheitern". 

Viele allegro-Anwender haben es gewürdigt, eine Menge gelernt zu haben aus der
Anwendung des Systems, kombiniert z.B. mit eigenen Ideen und der Anwendung der 
Import-und Export-Sprachen, bis hin zur Konstruktion eigener Konfigurationen 
mit allem drum und dran.

"Positiv" ist ein Scheitern wohl dann, wenn es nützliche Neuerungen und Verbesserungen auslöst.
Seit gut 2 Jahren ist nun allerdings im allegro-Umfeld kein Scheitern mehr bekundet worden, das nach
Änderungen in den ausführbaren Programmen verlangt hätte, also a99, acon, srch, import, index, qrix.
Unter Windows und Linux sind diese Programme folglich seitdem völlig stabil. Es gab nur immer noch
mal Verbesserungen an FLEXen und Parametern, dokumentiert in den "Verlautbarungen".
(Um die Übersicht zu sehen, in a99 eingeben:  view vb )

Ist mit dem Ende des Scheiterns auch das Verbessern am Ende, oder ist das Produkt "allegro"
nun unverbesserlich gut?
Das zwar, aber es ist aus der Mode - man braucht neue, zeitgemäße Herausforderungen. 
FOLIO bietet davon ein üppiges Füllhorn.
Mit alledem soll nicht etwa gesagt sein, allegro könne auch heute noch, wie dazumal in
den Neunzigern, den quanti- und qualitativen Anforderungen eines großen Hochschul-Umfelds
gewachsen sein. Zwar gibt es Datenbanken mit zig Millionen Sätzen, aber damit allein wär's 
denn doch nicht getan.
Umgekehrt ist noch offen, wo quasi die "untere Grenze" liegt, oberhalb derer ein hoch-
anspruchsvolles Gebilde wie FOLIO unterm Strich gewinnbringend zum Einsatz kommen könnte. 
Und wenn ja, wann.

B.Eversberg




Mehr Informationen über die Mailingliste Allegro