[Allegro] Zum Thema GND, 4: Erste Vorversion des Imports
Thomas Berger
ThB at Gymel.com
Do Apr 5 01:55:10 CEST 2012
Lieber Herr Skalweit,
>>> SWD). Die GND-ID basiert dabei auf der PND-ID und die
>>> ehemalige SWD-ID wird nur als "alte Normnummer" ausge-
>>> liefert.
>> Ungern: Diese Saetze wurden bereits 2001 in ILTIS
>> zusammengefuehrt und nur mit Ruecksicht auf "die Verbuende"
>> weiterhin in zwei Sichten, naemlich als PND-Satz, der sie
>> waren und als SWD-Satz in SWD-MAB ausgeliefert. Ueber den
>> Datenshop und ueber OAI konnte man sie gar nicht mehr im
>> SWD-Format bekommen.
>
> Ok, das kannte ich nicht. Dann haben "wir" uns das
> Problem selbst eingebrockt und Allegro kennt die
> richtige Normdaten-ID fuer die Umstellung.
Da waere ich mir wiederum nicht so sicher: Es gab ja bis heute
durchaus einige Wege, sich "reine" SWD-Personen zu besorgen
(Normdaten-CD, Abschreiben von irgendwoher, Uebernahme aus dem
Lieblingsverbund). "Offiziell in allegro" ist von der ganzen
Normdatensache sowieso nur eine swddisk.aim von 1994, die
PND- und GKD-Nummern in nichtstandard -#89a und #89b importiert
und die SWD-Nummer nur verfaelscht nach #00 (und nur #3n-
Saetze produziert).
Und weil allegro ja auch unverknuepfte Personen etc. erlaubt
behaupte ich einmal, dass allegro-Anwender im Schnitt auch
kein groesseres Normdaten-"Bewusstsein" haben als der
typische Verbundbibliothekar.
>> Zukuenftige, ab Mai neu entstehende Saetze fuer Personen
>> oder Koeperschaften werden allerdings stets nur eine
>> Identnummer tragen (und evtl. eine Autorisierung fuer die
>> Sacherschliessung), da koennte man den Satz auch weiterhin
>> duplizieren, muss aber beruecksichtigen, dass man die
>> beiden Resultate nicht mit verschiedenen Identnummern
>> ausstatten kann (bzw. diese dann irgendwie fingieren muss).
>
> Sisis-intern werden tatsaechlich - zumindest vorerst -
> drei lokale Normdateien weitergefuehrt. Praktischer-
> weise sind die soweit getrennt, dass die Identnummer
> in allen drei lokalen Normdatei gleich sein kann -
> halt drei verschiedene Register. In der Praxis bedeu-
> tet das eben dreimal den gleichen Datensatz in ver-
> schiedenen Bedeutungen im Lokalsystem, mit dem Nach-
> teil das der Personen-Normsatz nix vom Personen-Schlag-
> wortsatz weiss.
Das Problem hatten die Aleph-Lokalsysteme noch verschaerft:
Weil dort lokal gar keine Normsaetze existieren, sondern
nur Index-Aktualisierungs-Messages verschickt werden, gab
es ueberhaupt keine Chance eine SWD-Nummer in 903 mit
einer PND-Nummer in 102 in Beziehung zu setzen, denn diese
Konkordanz wird ja nur durch die zweite Identnummer im
PND-Normsatz aufgebaut und den kennt nur das Verbundsystem...
> Das ist doch das eigentlich interessante mit der GND:
> Wenn ich schon diese komplizierten Strukturen erfasse,
> dann moechte ich auch im Opac damit "spielen" koennen.
> In den alten Normdateien hatten wir doch auch schon
> Beziehungen, die leider nicht immer genutzt wurden.
>
> Andernfalls muss man ganz ketzerisch fragen, warum wir
> denn die Beziehungen ueberhaupt in bibliographischen
> Datensaetzen erfassen. Soll sich doch jemand anders
> an unseren bevorzugten Benennungen der Personen bedienen
> und die familiaeren Beziehungen hinzufuegen. Oder die
> Relation zum Ort einer Koerperschaft, die wir nun
> redundant zur bevorzugten Benennung in einer eigenen
> Kategorie erfassen. - Aber natuerlich stirbt die
> Hoffnung wieder mal zuletzt: Vielleicht bekomme ich
> das ja irgendwann mal klickbar im Opac praesentiert
> und ich bin auch optimistisch: Allegro wird das hin-
> kriegen - brauche ich mir bloss die geniale Formate-
> Datenbank vor Augen zu halten.
Die verknuepften Orte sind ein Novum in der GND, sie entstehen
durch das Data-Mining ueber Ostern. Eigentlich sind sie zunaechst
einmal ein Abfallprodukt der Vereinheitlichung von zweigliederiger
SWD-Ansetzung (Mailand / Museum ...) und GKD-Ansetzung mit
Ordnungshilfe (Museo ... <Milano>). Da ist es schon sehr
nuetzlich, dass man mit der SWD bereits den Thesaurus besitzt,
den man fuer diesen Abgleich benoetigt (bzw. bereits fuer das
Erkennen, dass die jeweilige Komponente tatsaechlich ein Ort
ist). Ob man damit einfach etwas pfiffiges anstellen kann, ist
nicht ganz klar: Technisch ist es indirekt: Ort <-
Koerperschaft <- Literatur, ein direkter Zugriff vom Ort (bzw.
irgendeiner Namensform davon) auf die Literatur ist mit
Bibliothekssystemen nicht so einfach hinzubekommen, und auch
inhaltlich muss man erst einmal ueberlegen, ob man bei solchen
Recherchen irgendetwas sinnvolles einfaengt (man hat ja nie
alle Literatur aller Koerperschaften eines Ortes). Ueber die
verfeinerten Entitaetencodes kann ich dem Ort aber in der GND
ansehen, dass er ein Ort ist, und es laesst sich (im Stil der
Mashups von Sigelverzeichnis und Open Street Map ?) ausgehend
von der Koerperschaft evtl. irgendwohin ortsbezogen ins Web
verlinken.
Wichtig natuerlich auch, dass ich in der "Schlagwortabteilung" der
GND nun Bauwerke besser von Koerperschaften unterscheiden kann, und
die sind nun echt mit ihrem Ort verknuepft (in der SWD hingegen hat
man ja hier und bei "Person / Werktitel"-Schlagworten stets auf die
implizite Relation des uebereinstimmenden Ansetzungsanfangs vor dem
ersten " / " gesetzt, der Uebergang vom "kleinraeumigen Geographikum"
zum Ort erforderte auch intern stets eine Recherche, die allerdings
dank scharfer Redaktion meist ein nichtleeres Ergebnis erwarten liess)
Hier haben die expliziten Relationen der GND nun wirklich das
Potential, indirekte Recherchen (Milano -> alle mit irgendwelchen
Mailand / Kirche Sowieso eng verschlagwortete Literatur) moeglich
zu machen, wir brauchen nur noch die OPACs dazu...
Die "persoenlichen Beziehungen" gab es ansatzweise schon in der
PND, es gab "berufliche"(?), das war eigentlich nur der
"VD16-Mitverfasser" (d.h. es gibt irgendwo einen Band, wo Werke
dieser Personen zusammengebunden waren) und sonst m.W. nur
eine kleine vierstellige Zahl familiaerer Beziehungen, in der
Art noch wenig normiert (das finde ich in Ordnung, Bibliothekare
haben ja oft die Tendenz, anhand von drei Beispielen ein
komplexes und umfassendes Modell der Welt aufzubauen und in
Regeln zu giessen, und es braucht drei Millionen Gegenbeispiele,
bis das dann - behutsamst! - revidiert wird). Diese familiaeren
Beziehungen sind aber bei manchen Personen von nicht zu
unterschaetzendem Wert bei der Identifizierung: Wenn Sohn und
Neffe gleich heissen und aehnliche Lebensdaten und Berufe haben
(oder die Unsicherheit nur gross genug ist), sind die "klassischen"
Individualisierungskriterien schnell ausgereizt.
Man muss auch sehen, dass gerade die individualisierten Personendaten
schon laengst in groesserer Zahl aus nicht klassisch bibliothekarischer
Sacherschliessung stammen: Spezialbibliotheken oder Regionalbibliographien,
die auch Aufsaetze erschliessen und der PND zuarbeiten, der Bereich
Nachlaesse und Autographen, der in seinen Reglen (RNA) Individualisierungs-
pflicht hat oder die grossen und kleinen prosopographischen und
biographischen Projekte, Professorenkataloge und Online-Speziallexika
etwa und vor allem auch die Vielzahl der Aktivitaeten unter dem Dach der
"Historischen Kommission der bayerischen Akademie der Wissenschaften",
wie etwa die Deutsche Biographie. Jedes dieser Projekte hat eigenen
biographischen Content, es gibt nicht die definitive Biographie von
Clara Schumann (und sie wuerde schon gar nicht in einen Normdatensatz
passen), aber der bibliothekarische Normsatz vermittelt immerhin
biographische Daten, diverse Namensformen fuer weitere Zugaenge und
vor allem die Identnummer als Anknuepfungspunkt vom und zum Rest der
Welt (was dann selbst der Wikipedia erspart, zu jeder Person die
Literaturlisten zu pflegen).
Das heisst aber natuerlich, dass auch weiterhin das Diktum gilt, dass
die Normdatei eine Normdatei ist, kein Thesaurus und kein Lexikon.
Und dass wir - wegen der Heterogenitaet der Beitraeger - auch niemals
Einheitlichkeit im Detailreichtum der Normsaetze erwarten koennen:
Manche haben exakte Lebensdaten, manche nicht, manche haben persoenliche
Beziehungen, oder Geburts- und Sterbeorte, die meisten nicht. etc.
viele Gruesse
Thomas Berger
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