[Allegro] Zum Thema GND, 2+3: Wesen und Struktur
Thomas Berger
ThB at Gymel.com
Mo Apr 2 14:36:17 CEST 2012
Lieber Herr Eversberg,
>>>> http://d-nb.info/gnd/121145344/about
>>>> ?
>>
>> Es handelt sich um *die* URI (Uniform Resource *Identifier*) dieser
>> konkreten Ressource Normdatensatz.
> Schon klar. Die schöne Theorie davon ist bekannt, sie stammt aus den
> frühen Tagen der DC-Bewegung, vor 12 Jahren oder so. Aber hat sie sich
> wirklich etabliert? Wo sind die überzeugenden Anwendungen davon? Sollten
> die nicht inzwischen omnipräsent sein? Warum sind sie es nicht?
Die Semantic-Web-Geschichten haben in ihrer Allgemeinheit recht wenig mit
den DublinCore-Sachen zu tun.
>> Bei URIs ist es guter Stil, dass
>> sie auch technisch operabel sind und auf etwas weiterleiten, das die
>> Ressource beschreibt, das darf gerne RDF sein (Resource Description
>> Format).
>>
> Wieso denn gerne?
> Und *wenn* sie technisch operabel ist, dann ist das einerseits
> irritierend, weil es ihr eine Doppelfunktion verleiht, und andererseits
> verleitet diese Doppelfunktion dazu, ernster genommen zu werden als gut
> ist, denn zwangsläufig wird sie obsolet, auch wenn die Primärfunktion,
> der Identifier, dies nicht tun sollte.
Wenn die URI fuer eine Ressource aufloesbar ist, dann ist es gut,
dass dahinter auch ein Dokument steckt. Nicht alle Ressourcen sind
Online-Ressourcen, aber man kann zu jeder Ressource eine Beschreibung
("about") online stellen (so dass die aufgeloeste URI kein
Fehlerdokument bringt), und wenn diese Beschreibung der Ressource in
einem allgemein etablierten Format fuer Beschreibungen von Ressourcen,
naemlich RDF, erfolgt, macht das einfach Sinn!
>> Der Normdatensatz steht allerdings wiederum als Stellvertreter fuer
>> ein Konzept oder eine Person etc.,
> Ja. Nur haben wir auch schon oft die Ansicht gehört, daß dies im
> Katalog eher irritierend sei. Die Normsätze sollten besser dem Endnutzer
> gar nicht gezeigt werden, wurde mitunter gemeint. Und klar ist doch, daß
> wir den Katalog keinesfalls zum biographischen Kompendium o.a. ausbauen
> können und müssen, dafür gibt's Wikipedia. Dorthin können wir verlinken,
> gewiß, das kann aber auch von Titelsätzen aus geschehen - diese werden
> von Nutzern erwartet und gesucht.
Was Sie nicht alles wissen...
> Mißlich ist, mehr als alles andere, daß wir im allegro-Katalog bei
> der Fernglas-Suche oder Web-Suchformular nicht automatisch unter jedem
> Synonym alle Titeleinträge zusammengefaßt kriegen. Bei Pica ist das so,
> wir können das aber nicht ohne weiteres nachmachen. Die
Klar doch: i4=5 in den Indexparametern setzen, SR-Maschine anwerfen
und darauf achten, dass nicht zu viel Schmutz in den fuer Menschen
browsbaren Registern landet (im Kubikat selig hatte ich das vor ca.
10 Jahren bereits implementiert).
> Verweisungstechnik im Register wird wohl weniger gut verstanden oder
> als völlig irritierend empfunden, aber das ist noch ein anderes Thema,
> das sich mit URI etc. nicht mildern läßt.
>>> allein notwendig. Basierend auf der Nummer sind unbegrenzt viele
>>> Dienste denkbar, jede mit einem anderen Zugangsverfahren und
>>> Ergebnisinhalt, also differenzierten URLs, die den jeweiligen
>>> Anforderungen entsprechen. DIe *müssen* jeweils im Feld konfiguriert
>>> werden ...
>
>> welches Feld? Die GND besteht aus "Datensaetzen" (insofern ist sie
>> ganz traditionell,
>
> Mißverständnis, sorry. Mit "im Feld" meinte ich "im Datenfeld", sondern
> "im Einsatzgebiet", also die militärische Metapher. Da sehen Sie's
> wieder, was man mit leichtfertig hingeworfener Metaphorik anrichten kann.
Ach so. Da scheint mir "im Feld" aber eine Art voroesterliche
Heilserwartung mitzuschwingen: Irgendein Meta-Dienst, der Ihnen
saemtliche PND-basierenden Dienste auflistet damit Sie (anscheinend
live und abhaengig vom Inhalt des Normsatzes) den fuer den Benutzer
einen und wahren auswaehlen koennen. Dafuer erforderlich ist
genaues Wissen um technische Zugangsweisen und vor allem eine
formale und inhaltliche Selbstbeschreibung der jeweiligen Dienste
in einem Metadatenformat fuer Dienstbeschreibungen. /Das/ erinnert
mich sehr stark an die Bereiche der Dublin-Core-Bewegung, die ich
schon immer besonders absurd fand.
>>> ... Man steht doch erst am Anfang mit den machbaren Diensten,
>>> die auf der GND aufgesetzt werden könnten und von einer
>>> Nationalbibliothek auch sinnvollerweise ausgebaut werden sollten. Da
>>> wird die genannte URI ganz schnell in die Obsoleszenz fallen, also was
>>> soll der Zauber und die Obsession und Betulichkeit damit.
>>
>> Ich sehe das genau umgekehrt: URIs sind eine Art Eintrittskarte ins
>> Semantic Web.
> ... das es noch immer nicht gibt und das inzwischen hier und da schon
> totgesagt wurde! Es *ist*, wie die "künstliche Intelligenz", ein
> Euphemismus, machen wir uns nichts vor, und die Metapher
> "Eintrittskarte" suggeriert, daß wir da in eine schöne neue Welt
> eintreten könnten, die wirklich schon da wäre.
Ich musste meine Eintrittskarte bislang stets vor Beginn des Konzerts
loesen, wenn das bei Ihnen anders ist, funktioniert die Metapher
natuerlich nicht. Sorry.
Vielleicht kann man das ganz niedrig haengen: Es wird da interessant,
wo ich URLs finde, die ich maschinell interpretieren kann, z.B. so
etwas banales wie COinS oder andere Mikroformate, oder eben schon
etwas indirekter, naemlich URLs, die auf Seiten verweisen, die selbst
wiederum automatisiert auswertbare Information enthalten. /Wenn/ das
nun auf verbreiteten Standards beruht, dann gewinnt dieses Koennen
eine neue Qualitaet (ich muss nicht den Einzelfall analysieren und
meinem Programm beibringen, wie es derzeit etwa Online-Banking-Software
mit dem Screenscraping betreibt) und die Sache gewinnt an Fahrt.
>> Die LoC hat sich fuer Ihre URIs das Praefix info:lccn
>> reserviert, die BNF nutzt "ihr" info:bnf nicht, sondern info:ark:12148,
>> die DNB hat sich vor einigen Jahren fuer http-URIs entschieden, das
>> ist derzeit der vielversprechendere Weg, vgl. auch die Begruendung,
>> warum die info-Registry geschlossen wurde:< http://info-uri.info/>.
>>
> Sehen Sie! Statt "vielversprechend" wäre hier mal die (inzwischen auch
> nicht mehr alleingültige) Reformschreibung "viel versprechend" angebracht.
Ich sehe: In den 1990er Jahren dachte man an einen sehr starken
Unterschied zwischen URLs und URNs, also Ressource Locators und
Ressource Names (beides in URI Syntax). Davon ist man ziemlich ab,
unter anderem, weil die diversen URN-Schemata ja jeweils eigene
Infrastruktur fuer Subregistrierung und Resolving aufbauen mussten
und die Teilnahme (Teilhabe?) daher recht teuer war. Mit einer
"normalen" Domainregistrierung fuer einen einstelligen Eurobetrag
jaehrlich hingegen kann man (insbesondere http-)URIs so gestalten, wie
man sie braucht, und benoetigt keinen weiteren Resolving-Mechanismus,
der evtl. nie auf den Rechnern der Endkunden ankommt (oder kennen
Sie einen Browser, der urn:nbn-URIs automatisch resolvt, und das
ist ja noch eines der gaenigeren Schemas?)
>> Die Einfuehrung der GND gibt auch der DNB die Moeglichkeit fuer weitere
>> Kooperationen,
> Ja, der DNB! Für die Nachnutzer "im Felde" ist das weniger relevant. Die
> brauchen nach wie vor die Verweisungen und können für alles weitere ja
> auch zur DNN verlinken oder deren Dienste per Web-Services einbinden,
> wobei die URI oder eben direkt die Normsatznummer zum Einsatz kommen
> kann, ohne das der Katalognutzer davon was ahnt. So umständlich wie RDF
> braucht das aber wirklich nicht zu sein! Wenn ich ein einzelnes Datum
> brauche, warum kann dann nicht einfach nur dieses und sonst nichts
> geliefert werden, bzw. eine definierte Fehlermeldung. Das reicht doch!
Ja natuerlich reicht das. Ist hier die vom Wissenschaftsrat letztes Jahr
aufgedeckte Denkstruktur am Werk, dass wenn etwas ueber das Hergebrachte
hinausgehende mir nicht nuetzlich erscheint, dann darf die DNB das auch
nicht machen?
>> Ihnen, Herr Eversberg, scheinen eventuell eher neue Dienste
>> vorzuschweben, die die GND aus sich alleine heraus generiert,
> Ja. Und was Sie dann aufzählen, ist alles richtig, aber auch wiederum
> "im Felde" und für den Katalog-Endnutzer nicht direkt relevant.
> Da schwebt mir eher noch vor, daß es ganz einfache Web-Dienste geben
> könnte, schlicht nach dem Schema, daß man dem DNB-Server eine Nummer
> überreicht und ein Befehlswort, und man erhält ein bestimmtes Datum
> (eine Angabe), die man für irgendeinen Zweck braucht und vor Ort nicht
> selber aktuell besitzt. Genau das tut die URI nicht, aber schwer zu
> realisieren ist es ganz bestimmt nicht. Beispiel wäre die Dienstleistung
> "Journals Online & Print":
> http://www.zeitschriftendatenbank.de/de/services/journals-online-print/
> zur Abfrage von Bestandsdaten aus ZDB und EZB.
*Die* URI kann das auch nicht, weil sie die Ressource Personensatz
kennzeichnet und nicht die Ressource "Lieblingsanwendung".
In dem Bereich gibt es allerhand nuetzliche Dienste (bzw. gibt es
gerade nicht), etwa "meine Normdatennummer" hinein und aktuelle
Normdatennummern (nach Umlenkungen, Invidividualisierung etc.) raus.
Bzw. ueber die SRU/SRW-Schnittstelle der DNB gibt es das durchaus
seit laengerer Zeit (Frage nach altem Identifier, Resultat aktueller
Normsatz), aber als Webservice mit JSON- oder RDF-Resultaten waere das
einfacher zu verarbeiten, weil keine bibliothekarischen Datenformate
involviert sind, nicht wahr?
An d-nb.info/gnd/119750449/about/ sehen Sie, dass die rdf:Description
eines ganz anderen Datensatzes zurueckkommt, naemlich
<rdf:Description rdf:about="http://d-nb.info/gnd/137908334">
...
(und Sie koennen anhand
<gnd:invalidIdentifierForThePerson>(DE-588a)119750449</gnd:invalidIdentifierForThePerson>
verifizieren, dass Sie sich nicht vertan haben).
viele Gruesse
Thomas Berger
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