Allegro-Entwicklung via Fehlermeldungen
thomas at mpim-bonn.mpg.de
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Mi Mai 15 23:05:50 CEST 1996
Frau Koczian schrieb:
> Lieber Herr Allers,
> >
> > Hat Thomas Berger sich vielleicht doch nur im Ton vergriffen, in der
Dies sehe ich mittlerweile auch so. E-mail-Korrespondenz selbst ohne
so grosse Oeffentlichkeit wie in der Allegro-Liste hat die Tendenz,
unangemessen subjektiv zu sein, ohne dass sie einen (nonverbalen)
Kontext transportiert, der dies ausgleichen oder relativieren koennte.
(vgl. auch den Bericht in der Zeit(?) von letzter Woche ueber Testreihen,
die ergaben, dass Gruppen im Internet schwerer Konsens finden und zu
staerkerer Polarisierung neigen als Vergleichsgruppen in Zimmern).
Bei meiner seit gestern diskutierten Aeusserung hatte ich mir - trotz
vielen Jahren im Internet - nicht bewusst gemacht, als wie provokant
sie aufgefasst werden musste. Was ich fuer aufgelockert, aber im
Rahmen einer angeregten Diskussion noch sachlich hielt, war - wie
allein die Tatsache einer Reaktion beweist - dies nicht.
Fuer mich im Zusammenhang mit der Allegro-Liste werde ich als Konsequenz
versuchen, mich staerker der goldenen Regel zu befleissigen:
Nie eine Mail im Affekt schreiben, sie immer noch vor dem Abschicken eine
halbe Stunde liegenlassen (und dann selber nocheinmal lesen).
> Das ist doch eine voellig unbeantwortbare Frage! Solange die
> Entwicklungsabteilung nicht einen vollstaendigen Korrektheitsbeweis fuer
> einen Programmbaustein veroeffentlicht und ich ihn nachvollzogen und
> verstanden habe (zwei ziemlich hohe Huerden), gehe ich nicht von
> Fehlerfreiheit aus. Wir sind allzumal Suender und mangeln des Ruhms und ein
> Computer demonstriert dies trefflich. Bleibt nur zu beantworten: ab wieviel
> Fehlern darf von "gnadenlos verwanzt" gesprochen werden? Oder, wenn Sie die
> Ausdrucksweise auf jeden Fall nicht akzeptabel finden, wieviele Fehler sind
> definitiv zu viel?
Korrektheitsbeweise selbst der trivialsten Programme lassen sich meines
Wissens nur maschinell fuehren :-).
Nichttriviale Programme enthalten immer Fehler (das ist eine ebensogute
Definition von "nichttrivial" wie jede andere).
Komplexe Programme haben ueblicherweise Eigenschaften, die selbst
die Entwickler ueberraschen. Die Uebergaenge zwischen "Feature" und
"Misfeature" sowie "Bug" sind dann oft fliessend.
Statt Fehler zu quantifizieren (und daraus womoeglich eine Dunkelziffer
hochzurechnen) hielte ich es fuer angebrachter, sie zu qualifizieren:
Im Beispiel von allegro sind Fehler im Zusammenhang mit der Exportsprache
z.B. fast immer ertraeglich, da sie einerseits (falls erkannt) keine
Daten zerstoeren und sich andererseits immer ein Weg findet, das Problem
anders zu loesen. Schwierig wird es natuerlich, wenn mit einer
neuen Version alte Parameterdateien ueberhaupt nicht mehr funktionieren.
Aber das kam meines Wissens nie vor.
Fehler, die Datenverluste zur Folge haben koennen, sind "fatal", und
ich sehe immer wieder mit Anerkennung, mit welcher Energie die
Entwicklungsabteilung solchen Fehlern nachgeht und sie bereinigt.
Seit etwa Version 12.2 sind meiner Erinnerung nach solche Fehler
aeusserst selten gewesen, allerdings (fast zwangslaeufig) so subtil,
dass in einem Fall viele Monate zwischem ersten Auftreten und der
Reproduzierbarkeit lagen, die Behebung passierte dann innerhalb von
Stunden.
Dazwischen liegen Probleme mit der Benutzeroberflaeche. Manche von
Ihnen werden wissen, was fuer eine Beeintraechtigung es darstellt,
ein prellendes 'e' auf der Tastatur zu haben oder Windows ohne
Maus zu bedienen. Was ich meine, ist folgendes: Wenn es im wesent-
lichen nur noch eine Moeglichkeit gibt, eine bestimmte Funktion
zu aktivieren, und ich darauf angewiesen bin, dass diese Funktion
ablaeuft, so bin ich also darauf angewiesen, dass genau diese
einzige Moeglichkeit auch funktioniert. Wenn nicht, kann ich das
Programm, ohne dass es mir die "Gnade" eines anderen Auswegs
boete, nicht benutzen.
Am Beispiel Cockpit heisst dies: Gerade weil es so nuetzlich
ist, weil es interaktiv ist und weil es stark auf Menues basiert,
wirken Fehlfunktionen subjektiv, und ich denke auch objektiv staerker
beeintraechtigend als Fehler in anderen Programmen.
Viele Gruesse
Thomas Berger
P.S.: Wenn ich mich oeffentlich zum Textverarbeitungsprogramm
oder zum Betriebssystem oder ... aeussern muesste, das ich einsetze,
braeuchte ich vermutlich mehrere Anwaelte und einen Leibwaechter.:-)
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