[Allegro] Vb.334 : Zukunft von "allegro" - Aktualisierung
Bernhard Eversberg
b-eversberg at gmx.de
Di Apr 13 17:46:48 CEST 2021
Verlautbarung 334 zur allegro-Entwicklung 2021-04-13
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"Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen."
( https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_geflügelter_Worte/P )
Es gibt auf allegro-b eine Zusammenfassung wichtiger Aspekte:
http://www.allegro-b.de/downloads/doku/allegro-zukunft.htm
Darauf wird noch immer häufig zugegriffen.
Aber schon am 8.6.2015 wurde in diesem Forum ein Blick in die Zukunft gewagt:
https://bibservices.biblio.etc.tu-bs.de/pipermail/allegro/2015-June/039917.html
Deshalb nun eine Aktualisierung jenes ausführlicheren, älteren Textes:
Konkretes zur allegro-Zukunft - Die Sachlage 2021
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1. Die Programme selbst, in C++ geschrieben, sind seit Jahren völlig stabil.
Sie müssen nicht mehr erweitert oder angepasst werden. Es geht nur noch
um Parameter und FLEX-Skripte - dafür sind keine Kenntnisse in C++ nötig.
Damit steht und fällt "allegro" eben *nicht* mehr mit der Person des
Entwicklungsleiters, wie es Gerüchte gelegentlich suggerieren wollten.
2. Es ist zwar bekannt, dass Windows 10 das letzte Windows sein sollte,
doch Microsoft will dieses noch weit über 2020 hinaus unterstützen, s.u.
Andererseits ermöglicht die Web-Schnittstelle a35 auch ein gänzlich
browser-basiertes Arbeiten, also Verzicht auf die Windows-Programme.
(Namhafte Anwender machen davon seit Jahren Gebrauch)
Somit ist auch Windows bzw. sein Alter kein gutes Argument gegen
"allegro", denn:
3. Für Linux ist weder eine Grenze in Sicht, noch sind Umbrüche zu erwarten,
die eine Software wie a35 + acon plötzlich unbrauchbar machen könnten.
Dafür sind ebenfalls keine C-Kenntnisse nötig, sondern PHP, JavaScript
HTML (das alles kennt jeder Programmierer), neben FLEX und Exportsprache,
welche relativ viel leichter zu lernen sind als C.
Kurz: Selbst wenn Windows total verschwände, Linux bliebe noch länger
als Alternative.
4. Es gibt Anwender, die jetzt noch mit 10 Jahre alten Versionen
arbeiten, ohne je aktualisiert zu haben. Warum sollte so etwas also
mit der aktuellen Version nicht mehr möglich sein, zumal es im
Mailforum, das bestehen bleibt, genügend Hilfe gibt und versierte,
jüngere, unabhängige Supporter existieren, die bei einem Umstieg
auf V41.2 helfen könnten, falls es lokal nicht gelänge.
5. Die RDA-Regelwerksreform war und ist kein Kriterium, das eine ganz
neue Version oder ganz andere Software erfordern würde. Sondern:
Sie hat sich allein auf der Ebene der Parametrierung beherrschen
lassen. Die Anpassungen sind seit Jahren abgeschlossen. Die online-
Datenübernahme von den Verbünden per MARC-XML oder per Z39.50 und MARC21
auch aus anderen QUellen funktionieren auf FLEX-Ebene - kein Eingriff
in C-Programme war nötig.
6. Für alle Fälle hatten das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft
und Kunst und die UB Braunschweig schon 2012 dafür gesorgt, dass die
Kernsoftware (in C und C++ geschrieben) freigegeben wurde. Diese Grundlage
für das Gesamtsystem ist somit nicht mehr untrennbar mit der Person des
Chefentwicklers verbunden. Dieser ist, um's mal so zu sagen, programm-
technisch komplett entbehrlich, selbst wenn, was kaum noch wahrscheinlich
ist, nochmal Änderungen in C-Programmen nötig werden sollten - die Programme
selbst sind unabhängig von bibliothekarischen Moden und Methoden.
7. Die UB Braunschweig betreibt noch immer die Plattform,
auf der das Mailforum sowie die Server für ftp und svn liegen.
Diese hilfreichen Einrichtungen sind also weiter für alle da.
Auf der neueren Plattform allegro-b.de findet man aktuelle Versionen
für alles, was gebraucht wird, incl. Gesamtpaket, kostenfrei.
Nichts von alledem ist mehr strikt an "Braunschweig" gebunden.
Auch ein neues Mail-Forum ließe sich woanders ansiedeln.
Schließlich ist noch folgendes zu bedenken:
Innerhalb weniger Jahre ist definitiv zu erwarten, dass neue Software-
Konzepte und -Produkte zu Standards heranreifen. Diese werden dann
wohl auch alternativlos werden, falls die mit BIBFRAME einhergehenden
neuen Prinzipien des "Semantic Web" sich durchsetzen und dann in
Produkten kristallisieren - die jetzt noch keiner kennt, aber ein
wesentlicher Aspekt wird ERM sein (Electronic Resource Management), was
mit allegro-V41.2 noch kaum unterstützt wird aber stark im Kommen ist.
Das einzige derzeit nennenswerte Produkt, "FOLIO", ist momentan noch
nicht im "Produktstadium". Man darf sich davon viel versprechen, doch die
Anwendungsreife liegt nach Schätzungen noch 2 bis 4 Jahre in der Zukunft.
Lokale, autonmome Installation wird es dann nicht geben, sondern nur
noch Verbundteilnahme oder SaaS ("Software as a Service").
Plausibel ist somit, dass dann gar keine lokalen Server mit einem dedizierten
System mehr zeitgemäß sein werden, sondern die Daten in einem "cloud-
basierten" virtuellen Neo-Verbundsystem liegen und an jeder Bibliothek
nur noch jeder einen Browser braucht und sonst nichts. Das wird zur Folge
haben, dass binnen 10 Jahren eine Migration unumgänglich werden wird, will
man den Zug der Zeit nicht uneinholbar versäumen.
Dies wiederum bedeutet aber, dass ein vorheriger Umstieg von allegro auf
eine andere Software nur eine weitere Zwischenlösung für wenige Jahre
sein könnte. Und warum sollte man sich *zwei* Migrationen antun, wenn
*eine* genügt, die dann aber wirklich zukunftssicher sein wird?
Denkbar bleibt immerhin auch, dass die jetzt schon mögliche Trennung von
Publikums- und Dienstfunktionen, z.B. VuFind als OPAC, allegro als
Verwaltungssystem, noch längere Zeit eine sinnvolle Sache bleiben wird.
In solcher Weise wird hier und da schon länger gearbeitet.
An die Stelle von VuFind könnte dann auch ein cloud-basierter neuer
"Deutscher Gesamtkatalog" treten, dann als einziger für Endnutzer
deutschlandweit interessanter Katalog mit Verbindung zu den Verfügbar-
keitsdaten lokaler Verwaltungssysteme. Die könnten dann immer noch
allegro heißen.
Dies hat sich seit 2015 schon gewandelt: Es gibt virtuell bereits den
"Gesamtkatalog" - integriert in den WorldCat. Die Verbünde sind drin,
Lokale allegro-Datenbanken können ebenfalls rein, was schon seit ein #
paar Jahren demonstriert ist und praktiziert wird. Nutzer können somit
statt in VuFind auch im WorldCat suchen und werden dann von dort
zum lokalen Katalog (VuFind oder a35) weitergeleitet.
Für solche heute machbaren oder ganz sicher kommenden Lösungen kann
allegro jedenfalls durchaus noch lange in Betrieb bleiben, neben
anderen, zu erwartenden moderneren und besseren Lösungen.
Damit das Ganze jetzt nicht andersrum fehlgedeutet wird:
Natürlich sollte und wird kein Kenner der Software und der Gegebenheiten
von einer durchdachten, sachlich begründeten Entscheidung gegen allegro
und für etwas anderes abraten! Es ist nur so, dass
a) Gerüchte oder Mutmaßungen ohne Substanz keine guten Gründe sind,
und dass
b) Anlässe zu Besorgnis oder Eile NICHT bestehen.
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Nachworte zu Microsoft und Windows:
Microsoft ist sehr sparsam mit Äußerungen über die Windows-Zukunft, aber
schrieb am 20.07.2020:
"Sie können sich auf Windows 10 verlassen.
Menschen auf der ganzen Welt sind aus vielen verschiedenen Gründen auf
Windows 10 angewiesen. Hier ist eine Reihe von Dingen, auf die wir stolz sind,
sie weiterhin anbieten zu können.
"
in https://www.windowslatest.com/2020/07/20/windows-10-upcoming-rumoured-features
Weitere Hinweise dazu:
https://docs.microsoft.com/en-us/lifecycle/products/windows-10-home-and-pro
Darin steht:
"Microsoft will continue to support at least one Windows 10 Semi-Annual Channel
until October 14, 2025" ("retirement date")
Anmerkung (B.E.):
Weil es aber für kein anderes System mehr Anwender und mehr Software gibt, und
mehr hochwichtige Software, kann man davon ausgehen, dass eine heute laufende
Win-Software auch noch lange nach 2025 laufen wird, und sei es auf Systemen
aus anderen Quellen - der lukrative Markt dafür ist einfach viel zu groß, wie
auch die Community der Programmierer, die das System beherrschen. Damit steht
die Lauffähigkeit der allegro-Programme auch für die Zeit nach 2025 außer Frage,
und zwar so, wie sie jetzt und seit Jahren unverändert sind.
Wie gesagt, FLexibilität und funktionale Erweiterbarkeit bleiben voll erhalten,
denn die stecken nicht mehr in den C-Programmen, sondern in FLEXen und Parametern:
Das sind kommentierte Texte in vollständig dokumentierten Sprachen, die jeder
lesen und nach einiger Einarbeitung auch verstehen und ändern und erweitern kann
und darf, sehr viel leichter als C-Programme.
B.Eversberg, 13.04.2021
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