[Allegro] Update zum Thema "FOLIO"

Bernhard Eversberg b-eversberg at gmx.de
Mi Apr 10 11:13:14 CEST 2019


                                                         2019-04-10
Update zum Thema "FOLIO" 
(Heute und morgen sind FOLIO-Informationstage in Bremen)

Am Thema "Migration" interessierte Anwender fragen (vielleicht):
Was ist der Stand der Entwicklung beim FOLIO-Pojekt? Wann und wie
könnte man "einsteigen"? Welche Kenntnisse bräuchte man?
Informativ, wenn auch nicht topaktuell, ist WikiPedia:
  https://de.wikipedia.org/wiki/Folio_(Bibliothekssoftware)

Den Gang der Dinge beobachten kann man hier: https://www.folio-bib.org/ 
Da finden sich allgemeine Informationen und auch Berichte von den 
diversen Veranstaltungen: Bibliothekartagen und FOLIO-Tagen, wie eben
jetzt in Bremen.

In Vor- und Umfeld der Tagung war einiges zu erfahren, was hier kurz
referiert werden soll:

FOLIO ist als Open Source Bibliotheksmanagement-Komplettsystem gegenwärtig 
noch in der Entwicklung. Die erste und prioritäre Zielgruppe ist die
der größeren wissenschaftlichen Bibliotheken.
Bis FOLIO in kleineren Bibliotheken wirklich in Eigenregie betrieben werden
kann, auch ohne Verbundteilnahme, dürfte es wohl noch mehrere Jahre dauern.
Ab 2020 jedenfalls will die VZG (Göttingen) mehrere größere Anwender
des jetzt noch laufenden Pica LBS4 mit FOLIO ausstatten. Dies hat eine
hohe Priorität, weil beim LBS4 keine Entwicklung mehr stattfindet. (Dies
betrifft auch ein paar ehemalige allegro-Anwender, die zum GBV gegangen waren.)

FOLIO-Demos gibt es hier: (vornehmlich die Oberfläche demonstrierend)
  https://folio-demo.gbv.de/
  https://folio-demo.hbz-nrw.de/

Für beide gilt:  User = diku_admin, Pw. = admin
Dann oben in der Menü-Leiste "Codex Search" wählen. Dahinter steckt
der Dienstkatalog. Tip: Mit "Umwelt" und "Computer" kann man was finden,
(der Demo-Bestand ist noch nicht groß).
Einblick in den Gesamtbestand bekommt man präsentiert, wenn man 
"Inventory" wählt. 

Es gibt ein umfangreiches Wiki: https://wiki.folio.org/

Eine "Roadmap" für 2019 ist hier:  https://www.folio.org/platform/

Der Quellcode wird in github verwaltet: https://github.com/folio-org

Zum Verständnis der FOLIO-Programmstruktur ist "Okapi" das zentrale Element:
dazu bietet "Okapi Guide and Reference" den Überblick der Konzepte und 
Architektur der FOLIO Plattform: https://github.com/folio-org/okapi.

Zur Konstruktion von Web-Anwendungen ist "stripes" das Werkzeug:
   https://stripesframework.atlassian.net/wiki/spaces/STRIPES/overview
   Programmiert wird dabei in Java.

Für das Konzipieren von Web-Services wird RAML verwendet:
   https://raml.org/index.html

An der Oberfläche kommt ansonsten JavaScript zum Einsatz, die internen 
Strukturen der Programmierung werden mit JSON konfiguriert (nicht XML!)

Es ist klar, daß ein Projekt dieser Größenordnung nur in einer größeren
Community von Programmierern ent- und bestehen kann! Zum Einstieg bedarf
es einer guten Vertrautheit mit dem modernen Programmierhandwerk. (Auf dem
Personalmarkt finden sich aber ganz gewiß viel mehr solche Programmierer als
welche, die mit "allegro" vertraut oder daran interessiert wären.)

Eine Liste der aktiven oder in den Startlöchern stehenden Community-Mitglieder:
https://www.folio.org/community/support/  (leider noch ohne Verlinkung)

An echten Implementierungen arbeiten schon: 
Chalmers University of Technology, Cornell University, 
Five College Consortium (Amherst College et al.), Lehigh University, 
Texas A&M University,  The University of Alabama, 
The University of Chicago, 

in Deutschland:
Staats- und Universitätsbibliothek Bremen
ZBW Leibniz Information Centre for Economics

Produktiv-Umgebungen, d.h. FOLIO im Routinebetrieb, gibt es im Moment 
noch keine - es sind noch diverse Module und Funktionen nicht ganz
zu Ende programmiert bzw. konzipiert. Ein eigenes Discovery wird
FOLIO nicht umfassen - dafür sind die gründlich ausgereiften Systeme
VuFind und BlackLight in der Diskussion. An diese würden also 
MARC-Daten übergeben, wie es ja auch mit allegro schon realisiert ist.
(Der o.g. "Codex Search" ist, wie gesagt, eine Art Dienstkatalog.)
MARC ist nicht das Internformat, sondern MARC-Daten werden zusätzlich
gehalten, weil sie für Kontakte mit der "Außenwelt" wichtig sind.

Vorsichtiges Fazit:
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Vorerst kann wohl nur Koha das OpenSource-System der Wahl sein, falls
eine Abkehr von allegro aus wohlerwogenen Gründen angestrebt wird und
nicht mehr lange aufgeschoben werden soll.
Installation, Betreuung und Hosting von Koha wird bekanntlich vom BSZ 
Konstanz (Frau Kathrin Fischer) angeboten.
Auch in Berlin soll es einen Supporter geben, Näheres ist noch nicht
zu erfahren gewesen.

Oder man geht mit Sack und Pack zu einem Verbund - und wird zu gegebener
Zeit von da aus mit FOLIO für den Lokalbetrieb konfrontiert.

Unterm Strich muß man ganz klar sagen:
Einzelplatzanwendungen oder kleinere lokale Netze sind Konzepte der
Vergangenheit. Dafür kommen schon allein technisch weder Koha noch 
FOLIO in Betracht, sondern nur noch diverse kommerzielle Programme. 
(Übersicht in WikiPedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Bibliothekssystem)
Über "PionLib" (kürzlich von Herrn Stephan hier vorgestellt) ist noch 
nicht genug bekannt, um eine Einordnung zu versuchen.
Die Unzufriedenheit mit kommerziellen Systemen hat aber den größeren
Bibliotheken entscheidende Anstöße gegeben, sich der Entwicklung
von FOLIO zuzuwenden und daran aktiv teilzunehmen! Zumindest die
bibliothekarischen Funktionen und die Oberfläche werden wesentlich 
von Bibliothekaren definiert und mitgestaltet - nicht programmiert. 
Deutsche Verbünde tun damit entschlossene Schritte in eine 
welt- und zukunftsoffene Bibliotheksarbeit. Ganz unkommerziell
ist freilich FOLIO auch nicht und könnte es wohl gar nicht sein: 
Die Firmen IndexData und EBSCO sind daran beteiligt.

Bibliotheken als "Einzelkämpfer" und in "splendid isolation" können 
für immer weniger Menschen nur einen immer kleineren Teil des
Informationsbedarfs decken. Nur Bibliotheken als vernetzte Infrastruktur
können noch Menschen ansprechen, die gewohnt sind, jederzeit und überall
ihre Fragen zuerst an ihr Telefon zu richten. 
Es wird weiterhin, soviel muß denn doch gesagt sein, Spezialsammlungen
geben, die für eine gewisse Klientel unentbehrlich sind und auch mittels
"Digitalisierung" (noch) nicht allen Ansprüchen genügen können. Wieviel
solche Sammlungen werden profitieren können von Großplattformen wie FOLIO-
Netzwerken, und wann, das ist noch eine offene Frage. "allegro" kann
sich da immer noch nützlich machen und wird ja auch weiter supportiert.


B.Eversberg




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