[Allegro] RDA: Antworten auf drängende Fragen
Thomas Berger
ThB at Gymel.com
Mi Mai 6 10:49:03 CEST 2015
Lieber Herr Eversberg, liebe Liste,
Am 06.05.2015 um 08:07 schrieb Bernhard Eversberg:
>
> Standard-Anwender sind nach dem länglichen Disput über RDA inzwischen
> u.U. etwas unsicher und es drängen sich ihnen eine oder mehrere der
> folgenden Fragen auf: [Weitere können hier gestellt werden!]
>
> 1. Ist RDA für uns überhaupt relevant - oder was passiert, wenn wir
> es einfach ignorieren?
>
> 2. Wir werden irgendwann einem Verbund beitreten. Was und wieviel RDA
> müssen wir umsetzen, um das vorzubereiten?
>
> 3. Werden wir ohne eine neue RDA-Version, die jetzt noch nicht da ist,
> überhaupt weiterarbeiten können?
>
> 4. Müssen wir all diese Dinge wissen und künftig umsetzen, um mit
> allegro weiterarbeiten zu können?
>
> 5. Was ist davon eigentlich für uns wirklich unverzichtbar wichtig?
>
> 6. Müssen wir uns um einen Zugang zum RDA-Toolkit bemühen? (Weil man
> ja sonst nirgends das Regelwerk einsehen kann...)
>
>
> Wir versuchen zu antworten:
>
> 1. RDA *ist* für Sie relevant, wenn Sie Verbundteilnehmer sind oder
> werden wollen/müssen. Ansonsten brauchen Sie nichts davon unbedingt
> umzusetzen, um als Bibliothek weiterarbeiten und weiter gut
> funktionieren zu können, so wie im bisherigen Umfang. Auch die
> Nutzung der DNB-, GBV- und ZACK-Fremddaten wird weiter möglich sein,
> auch wenn Sie RDA komplett ignorieren. So war's bisher auch mit RAK!
Genau: So wie es bereits in den 1990ern schwierig bis unmoeglich war,
PI-basierende Aufnahmen irgendwo zum Download zu finden, wird es
ab dem vierten Quartal 2015 rapide schwierig werden, RAK-Katalogisate
fuer neu katalogisiertes aufzutreiben (ausser evtl. im OeB-Bereich,
darueber weiss ich nichts).
Wem absolute Regelwerkstreue bislang eher sekundaer war (haben /Sie/
bei der Uebernahme von Katalogisaten fuer den Altbestand darueber
nachgedacht, aus welcher Konversionsmassnahme nach welchem Regelwerk
die wohl stammen mag und dann gglfs. nachautopsiert?), der/dem duerfte
auch die kommende Regelwerksumstellung wenig Bauchschmerzen bereiten.
"Einfach ignorieren" sollte man die RDA m.E. dennoch nicht, wie ich
schon letzte Woche anlaesslich der Frage nach dem Nutzen von
"Basiswissen RDA" schrieb: Katalogisierung *ist* einfach im Wandel,
egal wie das Regelwerk heissen mag, das man einzusetzen glaubt und
anlaesslich der RDA-Einfuehrung wurde viel darueber nachgedacht und
diskutiert, das ist in die entsprechenden Publikationen eingeflossen
und viel anderes gibt es derzeit nicht (nun gut, die aktuelle Version
des ISBD-Standards oder die Drafts von FRBR-OO sind auch recht
lesenswert, aber doch deutlich weiter von der Bibliothekspraxis
entfernt...)
> 3. Keine Panik! Es *braucht* keine neue Version zu geben, um
> weiterarbeiten zu können. Es *wird* auch keine "RDA-Version" geben,
> die sich unterscheiden würde von einer anderen, Nicht-RDA-Version.
> Das allegro-Konzept ist ja gerade, daß mit einer einzigen Version
> alle Bedarfe abgedeckt werden können, nur mit unterschiedlicher
> Parametrierung, und das bleibt so. [Eine "RAK-Version" gab
> es eben deswegen auch nie!] Wer anderes glaubt oder vermutet, hat
Seufz. Alle Datenformate aller Zeiten und Voelker haben stets behauptet,
"regelwerksagnostisch" zu sein...
Aber auf der konkreteren Ebene (und meinetwegen auch unabhaengig von
den RDA) muss (staendig) hinterfragt werden, ob die "Standardparameter"
der konkreten Entwicklung der "Bedarfe" folgen. [Fuer diesmal verkneife
ich mir das Elaborieren des Standard-Einwurfs, dass m.E. viele allegro-
Anwendungen noch nicht genug mit Normdaten arbeiten und die Standard-
parameter das auch nicht gut genug unterstuetzen]
> 5. Das hängt nur von Ihren Absichten und Vorstellungen ab. Niemand
> kann es Ihnen abnehmen, abzuwägen, welche RDA-Neuerungen in
> Ihrem Umfeld nützlich sein könnten, und zu entscheiden, wie Sie
> damit umgehen wollen. [Als allegro-Entwickler sehen wir uns
> nicht in einer erzieherischen oder normativen Mission. So wenig
> wir SQL-Entwickler den SQL-Anwendern vorzuschreiben versuchen
> würden, wie sie ihre Adressen- oder Rechnungsdaten genau zu
> gestalten hätten.] Anwendung von Normen ist natürlich gut und
> kann jetzt oder in Zukunft vieles erleichtern, aber man verbaut
> sich keine Wege und Möglichkeiten, wenn man erst einmal abwartet.
> Es entstehen dann noch ein paar mehr "Altdaten", aber das Problem
> damit könnte in Zukunft eher leichter lösbar werden als es gleich
> zu Beginn des neuen RDA-Zeitalters sein wird! Denn erstens ist
> RDA-deutsch jetzt noch nicht voll ausgereift und zweitens wird
> die Software Fortschritte machen, die das Zusammenführen und
> Abgleichen von Altdaten später erleichtern werden.
Man kann nie frueh genug anfangen darueber nachzudenken, was man
eigentlich will. Auch die RDA habe einige Bereiche, wo nun etwas
erlaubt wird, was nach RAK-Lehre geradezu verboten war (4. Verfasser,
2. Herausgeber etc.) und man kann das auch zum Anlass nehmen, die
eigene RAK-Praxis etwas aufzuweichen (sofern man bislang Angst vor
der RAK-Polizei hatte: Die ist abgeschafft ;-).
"Nuetzliches tun" sieht aber nicht ueberall gleich aus. Mit der
Freiheit, den eigenen Institutsdirektor als zusaetzlichen Herausgeber
zu verzeichnen, kommt die Freiheit der anderen, ihre wichtigen Personen
als Herausgeber aufzunehmen. Da man nun schwer vorschreiben kann, dass
alle Bibliotheken alle Herausgeber "mitnehmen", bedeutet jede dieser
Freiheitsregeln einen Abschied von der Vorstellung eines Einheitskatalogi-
sats, auch wenn die D-A-CH-Regeln mit Macht dagegen ankaempfen (also
gegen den Verlust des Einheitskatalogsiats). Die RDA sind als solche
komplett ins Deutsche uebersetzt, fuer manche mag es angebracht sein,
diese Regeln (mit offengehaltenen Optionen) gegen das D-A-CH-Anwendungs-
profil (festgezurrte Optionen) abzuwaegen.
"Altdaten" sind in vielen Diskussionen ein Totschlagargument. Wenn etwa
ventiliert wird, ob man nicht in Zeiten des Internets und internationaler
Kooperation in kurzer Zeit eine Verleger- und/oder Ortsdatei aufbauen koennte,
und dadurch die Erscheinungsangaben verknuepfbar wuerden, dann heisst
es z.B., dass das nicht sein darf, weil die Altdaten das nicht automatisch
nachvollziehen koennen, der Katalog dadurch uneinheitlicher wird und
schlechter. Da ist natuerlich was dran, wenn ich eine Suche nach
Verlagsthesaurus anbiete, wird evtl. nur nach 20xx katalogisiertes
getroffen. Andererseits ist es allerdings auch so, dass es "Altdaten"
stets gegeben hat, denn wir /haben/ zugelassen, dass neue Datenfelder
eingefuehrt und genutzt werden, dass sich Regelwerke ueberhaupt geaendert
haben und dass retrokonvertierte Daten in unsere Kataloge eingehen.
> 6. Das hängt nur davon ab, was und wieviel von RDA Sie umsetzen
> wollen, siehe 5. Es kann gut sein, daß das Wiesenmüller-Lehrbuch
> für Ihre Zwecke völlig ausreicht. Oder zum Einstieg das DNB-
> Schulungsmaterial:
> http://www.dnb.de/DE/Standardisierung/International/rda.html
M.W. kommt jede Bibliothek umsonst an das Regelwerk dran, vgl.
den auf der angegebenen Seite verlinkten Konsortialvertrag, die
letzte Seite des PDF's enthaelt ein Formular zum (kostenfreien)
Beitritt.
Es mag sein, dass ueber die Regionalverbuende eine noch einfachere
Registrierung moeglich ist. Es mag auch sein, dass Ihre Institution
nicht einfach irgendwo "beitreten" kann, dann haben Sie ein Problem
(auch insgesamt mit Nationallizenzen etc.), das evtl. wichtiger als
die RDA ist.
Die RDA als Einzellektuere sind vermutlich geeignet, jede(n) in
sofortigen Tiefschlaf zu versetzen, vieles ist extrem stereotyp
und redundant formuliert. Als Hintergrund fuer die Auseinandersetzung
mit Lehrbuch und/oder den Schulungsunterlagen der Verbuende ist
die Zugriffsmoeglichkeit auf den Regeltext aber hilfreich.
Die spartenspezifischen Arbeitsgemeinschaften der diversen Cluebchen
von Spezialbibliotheken sind m.W. alle schon laenger in Kontakt *und*
Dialog mit den D-A-CH-RDA-Gremien, und haben auch schon formuliert,
wo in Hinblick auf fuer sie typische Materialien noch Klaerungs-
oder Regelungsbedarf besteht. Bevor man sich alleine an die Aufgabe
macht, die RDA soweit zu durchdringen, dass man anschliessend damit
arbeiten koennte, lohnt sich vermutlich die Kontaktaufnahme zu
den Arbeitsgemeinschaften, die Teilnahme an deren Fortbildungen etc.,
denn dort werden ja /gemeinsame/ Ansichten und Einschaetzungen entwickelt,
die (selbst wenn sie im Einzelfall provisorische oder sogar fragwuerdige
Interpretationen einzelner RDA-Regeln darstellen sollten) fuer die
eigene Arbeit wertvoll genug sind.
> Sicher wird es weitere Fragen geben, besonders wenn's erst an die
> Details geht, vor allem bei der Frage 5.
> Dieses Forum ist dazu da, solche Fragen zu stellen. Sie können aber
> auch Fragen direkt an mich senden oder, wenn ich das nicht ganz
> falsch einschätze, an Herrn Berger.
Gerne. Ich wuerde aber vorziehen, (moeglichst) alle Fragen in diesem
Zusammenhang auf dieser Liste zu diskutieren.
viele Gruesse
Thomas Berger
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