[Allegro] Noch mal ISBN geh.

Thomas Berger ThB at Gymel.com
Di Feb 19 16:23:18 CET 2013


Lieber Herr Osterhus, liebe Liste,

> Alle wussten es, nur ich nicht. Tja, wie soll ich jetzt mein Nichtwissen beschreiben ?

Als Gute Gelegenheit?

Diese Sache ("ISBN/Einband/Preis") gilt es im Auge zu behalten, nicht
nur deswegen, weil die Benutzer auch eventuell Geheimwissen benoetigen,
um die Abkuerzung korrekt aufzuloesen, sondern weil das eine im
Hinblick auf Regelwerke, FRBR und RDA, Verlagsindustrie in diesem
Jahrtausend und "Oeffnung zu nichtbibliothekarischen Welten" interessante
Stelle ist:

* "Einband" wird traditionell beim Katalogisieren nicht fuer erwaehnenswert
   gehalten (ach! damals, als ohnehin alles noch einmal neu gebunden wurde,
   weil genug Geld da war...), zumindest in der Regeln nicht

* Mit den ISBNs haben die Verlage lernen muessen, dass sie fuer verschiedene
  Ausstattungen und Preise verschiedene ISBNs spendieren muessen, also
  haben sie alle ISBNs eingedruckt und jeweils mit der qualifizierenden Merkmal
  (Ausstattung, Einband) versehen (wie ein Packen Papier gebunden wird,
  entscheidet sich ja oft erst lange nach dem Druck).

* Bibliothekare fanden das prima, weil sie ohnehin vorzugsweise die stabilere
  Ausgabe kaufen und die Benutzer angefangen hatten, nach ISBNs (und dann
  von irgendeiner Ausgabe) zu suchen, haben sie einfach alles abgeschrieben.

* So kommt es, dass
  1. in unseren Datenformaten Aussagen zur Bindung datentechnisch normalerweise
     nur als Annex zur ISBN vorkommen
  2. Unsere Katalogisate nicht fuer eine bestimmte Ausgabe (im Sinne von
     Ausstattung) stehen

* spaeter dann hat man Angaben zur Bindung auch in das entsprechende Datenfeld
  geschrieben, wenn keine ISBN vergeben oder bekannt war

* Fuer die Verleger wiederum ist es - verschaerft fuer die Migration von ISBN
  zu EAN/GTIN - durch die eBooks nun fast zur Regel geworden, fuer einen Titel
  viele ISBNs zu vergeben (Druck, ePub, PDF, ...), das jeweilige technische
  Format wird ebenfalls als "Qualifier" zur ISBN angegeben, die Bibliothekare
  uebernehmen das dann wie gehabt in ihr Feld fuer den "Einband".

* Bibliotheken sind auch nach zwanzig(?) Jahren noch nicht schluessig, ob sie
  die neumodische "Allgemeine Materialbenennung" nun gut finden, oder mit den
  Benutzern fuehlen, die mit diesem weltfremden Jargon noch nie etwas anfangen
  konnten. Spezielle Materialbenennungen (VHS, CD-SA, ePub, ...) hingegen
  waren den Bibliothekaren irgendwie immer zu komplex, die Enwicklung war so
  schnell, dass die Bibliotheksgremien mit dem Normieren nicht nachkamen. Diese
  Information ist also hoechstens noch im Kollationsvermerk verbuddelt, ohne
  Chance das maschinell auszunutzen.

* Und die Bibliothek steht nun vor dem Problem, dass diese ISBNs anders als
  im "unmediated"-Fall nun nicht mehr gleichwertig sind, denn mit dem Reader
  X kann ich nur Format y lesen und nichts anderes. So angenehm es sein mag,
  mit der Kindle-ISBN auch das Katalogisat zu finden, das fuer den Druck steht,
  so interessiert mich auch, ob mit dem Zweitkatalogisat fuer die [elektronische
  Ressource] die Bibliothek behauptet, es fuer meinen Reader zu haben oder
  nur fuer einen anderen.

Fazit: Die bisherige Praxis, stets alle ISBNs ins Katalogisat abzuschreiben
und auf diesen Fleiss auch noch stolz zu sein, schlaegt durch die Entwicklung
der letzten Jahre gerade in ihr Gegenteil um, sie wird taeglich nicht nur
unnuetzer sondern sogar schaedlicher.

Selbst wenn neue Regelwerke und Datenformate hier das Ruder sofort herumreissen,
haben wir immer noch die Altdaten mehrer Jahre, die eine von den Verlegern
eingefuehrte sinnvolle Differenzierung negieren.

viele Gruesse
Thomas Berger



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