[Allegro] Zum Thema GND, 2+3: Wesen und Struktur

Thomas Berger ThB at Gymel.com
Fr Mär 30 23:07:31 CEST 2012


Lieber Herr Eversberg,

>> http://d-nb.info/gnd/121145344/about
>> ?
> So steht das in etlichen Sätzen auch schon drin. Sogar a99/FLEX kann
> mit diesem Output wenigstens was anfangen. Trotzdem kann's das nicht
> sein, es *wird* andere Bedarfe und andere sinnvolle Angebote geben,
> die damit nicht abgedeckt oder auch nur angedacht sind, es wird
> sinnvollere Formen der Auslieferung von nützlichen Daten geben, die
> sich an die Normdaten anschließen, usw.. Es *ist* einfach zu kurz
> gedacht, *irgendeine* URI zu zementieren und anzunehmen, sie bleibe
> auf unabsehbare Zeit nicht nur gültig, sondern auch nützlich und

Es handelt sich um *die* URI (Uniform Resource *Identifier*) dieser
konkreten Ressource Normdatensatz. Bei URIs ist es guter Stil, dass
sie auch technisch operabel sind und auf etwas weiterleiten, das die
Ressource beschreibt, das darf gerne RDF sein (Resource Description
Format).

Der Normdatensatz steht allerdings wiederum als Stellvertreter fuer
ein Konzept oder eine Person etc., das macht es etwas schwerer
zu verstehen als die bekannten Identifier fuer Artefakte, etwa
die ISBN fuer gedruckte Buecher. Aber auch im Katalog ist es uns
nicht ganz fremd, die elektronische Darstellung (Digitalisierung)
oder sogar eine elektronische Beschreibung (Katalogisat) einer
nichtelektronischen Ressource als Surrogat zu nehmen.


> allein notwendig. Basierend auf der Nummer sind unbegrenzt viele
> Dienste denkbar, jede mit einem anderen Zugangsverfahren und
> Ergebnisinhalt, also differenzierten URLs, die den jeweiligen

Klar. Die GND (oder DNB) reklamiert fuer sich nicht die Kontrolle ueber
alle die GND nutzenden Anwendungen. Das war vor einigen Jahren
noch anders, als insbesondere alles, was Mitarbeiter des hoeheren
Dienstes involvierte (also SWD-Datensaetze und Schlagwoerter in
Titelaufnahmen), als "geistiges Eigentum" der beteiligten
Institutionen deklarierte und fuer das man Urheberrechtsschutz
geltend machen wollte. [Oder bei der DDC hat die DNB ja den
Herausgebern abgerungen, dass immerhin die obersten 1000
Stellen lizenzfrei sein sollen, fuer alle anderen gilt immer
noch, dass man zwar die Nummern nutzen darf, per Lizenz aber
daran gehindert wird, die Bedeutung der Nummern dem Publikum
anzuzeigen]


> Anforderungen entsprechen. DIe *müssen* jeweils im Feld konfiguriert

welches Feld? Die GND besteht aus "Datensaetzen" (insofern ist sie
ganz traditionell, es gibt in den FRAD auch Ansaetze, auch die rein
textuellen Verweise separat zu verwalten) ist in einem Format, das es
erlaubt, die von Ihnen aufgezaehlten, als Objekte der Katalogisierung
benoetigten Entitaeten zu beschreiben. Es ist nicht unbedingt ein Format,
das Anwendungen seiner selbst beschreiben koennte. [Wir koennen natuerlich
einen Schlagwortsatz zu "GND" erzeugen und den per siehe-auch-Verweisung
in Beziehung setzen zu allen moeglichen anderen Schlagwortsaetzen, etwa
Wikipedia oder VIAF, der Name der Relation waere "benutzt GND-Identifier"
oder "kennt GND-Identifier". Das spielt sich aber zwischen Datensaetzen
ab, die die Anwendungen als Ganzes beschreiben, nicht im einzelnen Normsatz
zu "Peter Mueller": Da kann natuerlich auch eine Wikipedia-URL drin
stehen, etwa im Sinn einer Quellenangabe fuer gewisse Angaben im
Normsatz]. Und bevor jemand fragt: Die gegenseitige Verlinkung zwischen
GND und deutschsprachiger Wikipedia basiert auf Daten, die in der
Wikipedia erfasst und hinterlegt werden, nicht in der GND. Und so
ist es auch bei VIAF: GND-Nummern sind in VIAF bekannt, nicht VIAF-
Nummern in der GND. Auch im Bibliothekskatalog ist es so, dass die
/Anwendung/ der Normdatei (Titeldaten) sich mit dieser in Beziehung
setzt, nicht umgekehrt: Was waeren das fuer Monster-Normsaetze, die
die "zugehoerigen" Titelnummern aller Bibliotheksverbuende etc.
speichern wuerden...


> werden können, dafür *muß* es Hilfestellungen geben, die es
> erleichtern. Man steht doch erst am Anfang mit den machbaren Diensten,
> die auf der GND aufgesetzt werden könnten und von einer
> Nationalbibliothek auch sinnvollerweise ausgebaut werden sollten. Da
> wird die genannte URI ganz schnell in die Obsoleszenz fallen, also was
> soll der Zauber und die Obsession und Betulichkeit damit.

Ich sehe das genau umgekehrt: URIs sind eine Art Eintrittskarte ins
Semantic Web. Die LoC hat sich fuer Ihre URIs das Praefix info:lccn
reserviert, die BNF nutzt "ihr" info:bnf nicht, sondern info:ark:12148,
die DNB hat sich vor einigen Jahren fuer http-URIs entschieden, das
ist derzeit der vielversprechendere Weg, vgl. auch die Begruendung,
warum die info-Registry geschlossen wurde: < http://info-uri.info/ >.

Die Einfuehrung der GND gibt auch der DNB die Moeglichkeit fuer weitere
Kooperationen, die bislang (oft) aus Formatgruenden nicht stattfinden konnten
(z.B. Hinterlegen von Koordinaten, Teilkonkordanzen mit anderen
Erschliessungssystemen). In diesem Bereich, naemlich der In-Beziehung-Setzung
eines grossen Datenbestands mit anderen Datenbestaenden, sehe ich ein grosses
Potential fuer neue Dienste, wuesste aber nicht, warum die DNB dabei eine
groessere Rolle spielen muesste (sie hat natuerlich Vorteile wegen ihrer
Groesse, ihrer Aufgaben und v.a. ihrer Rolle als technischer Betreiber und
redaktionelle Steuerinstanz der Normdatei, scheint die aber nicht auszuspielen).
Ihnen, Herr Eversberg, scheinen eventuell eher neue Dienste
vorzuschweben, die die GND aus sich alleine heraus generiert, da waeren z.B.
die Linked Data Services der DNB zu nennen, wo (vgl. die RDF-Repraesentation
< http://d-nb.info/gnd/121145344/about > von oben) die GND-Daten in
anderen "Vokabularen" praesentiert werden, eine daraus aufgebaute
Datenbank ("Triple Store") ermoeglicht ganz andere, assoziative Abfragen
als die klassische Praesentation. Aber weil die Normdaten inzwischen frei
sind, kann das auch jeder machen, etwa < http://wiss-ki.eu/authorities/gnd/ >.

Als eigentliche Aufgaben der DNB im Zusammenhang mit einer Normdatei wie
der GND gibt es einige, der technische Betrieb (Plattenplatz, Datenbank,
ILTIS-Client) ist dabei das geringste:

- Inhaltlich lebt die Normdatei in einem Spannungsfeld zwischen
  Katalogisierungsregelwerken (also die primaere Anwendung, die den
  zu treibenden Aufwand legitimiert) und eigenen redaktionellen Regeln,
  beides muss fortentwickelt werden, die eigenen Regeln muessen
  veroeffentlicht werden, Schulungen werden benoetigt etc. (auch
  das erfolgt DNB-typisch kooperativ zusammen mit den Verbuenden,
  die eigentliche Arbeit bleibt m.W. aber ueberproportional an der
  DNB haengen).

- Aufgaben im Sinne einer letztinstanzlichen Redaktion muessen
  wahrgenommen werden, aber auch die einer Aushilfsredaktion fuer
  alle Korrekturmeldungen, die nicht bei anderen Redaktionsstellen
  auflaufen

- Die Weitergabe der Daten auf verschiedenen Wegen muss organisiert
  werden. Primaer ist hier wiederum der Datenfluss zwischen ILTIS
  und den Grossdatenbanken der Regionalverbuende, aber auch der
  Rest der Welt will manchmal versorgt werden (Komplettabzuege,
  LOD, Einzeldownloads per Datenshop oder SRU, Harvesting per OAI)

- Und eben auch die Gewaehrleistung von Persistenz auf mehreren Ebenen.
  Z.B. durch Umlenkungen und eine Datenbank, die ueber obsolete Nummern
  den Zugriff auf aktuelle Inhalte erlaubt. Aber auch durch "Besitz"
  einer Internetdomain (d-nb.info) die fuer URIs genutzt wird und
  Resolving-Mechanismen bereitstellt, z.B. ebenfalls im Fall von
  Umlenkungen.

- Fuer gewisse Projekte (wie etwa VIAF) ist die DNB als technischer
  Betreiber der Normdatei quasi ein natuerlicher Partner, da darf
  dann auch nicht gebremst werden.

viele Gruesse
Thomas Berger



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