[Allegro] Bericht vom Festschreibungsfest
Hans-Joachim Haubold
haubold at bib.uni-mannheim.de
Mo Mai 30 15:48:16 CEST 2005
Verehrte lauschende Liste,
Haydn hat sehr schöne Baryton-Trios komponiert. Von den drei Tenören
habe ich ebenfalls schon gehört, aber von drei synergierenden
Barithöner ? ;-)
Gibt es schon eine Partitur oder e. Klavierauszug ?
Ein aufmerksamer Leser
H.-J. Haubold - und noch nicht Hörer
>
> Verspäteter Bericht:
>
>
> 25. Mai 2005
> Festschreibungsfest! Auf der Festwiese hinter den Hohen Hallen
> der Entwicklungsabteilung wird die Menschenmenge dichter.
> "Die Pfosten sind, die Bretter aufgeschlagen,
> und jedermann erwartet sich ein Fest." (Faust I)
>
> Tapeziertische schwanken unter der gigantischen Last der Festplatten,
> auf der Bratenbank brutzeln die Param-Schinken, an den Schnittstellen
> stehen normierte Torten anschnittfertig.
>
> Hinter der Bühne sind die Darsteller bereit für die
> Kurzoper in einem Akt, "Das Fest der Versionäre".
> Die Schlüsselszene ist der turbulente Dialog zwischen der
> Entwicklungsabteilung (EA), vertreten durch den düster tremolierenden
> Baßbariton Bernardo Allegrio (B.A.), und dem Chor der Anwender (CdA),
> angeführt durch den lyrischen Countertenor Tommaso di Bergamo (T.B.)
> und den episch-elegischen Sonor-Bariton Henrique Alerso (H.A.).
>
> Und so hört sich das an:
> (Im Libretto sind leichte Ähnlichkeiten mit Faust I+II unvermeidbar,
> geht es doch um alte, immer gleiche Menschheitsfragen)
>
> EA
> Zum Suchen erfunden, begabt zum Finden,
> löst sie die Fesseln, die euch noch binden.
> Sie kann, was immer ihr zu brauchen sagtet,
> sogar, was kaum zu träumen ihr schon wagtet:
> nehmt sie denn hin, die neue Version!
>
> CdA
> Die Silberne? Doch was besagt das schon!
> Erst woll'n, was geht, wir leibhaft vor uns sehen,
> zwar ging schon viel, doch sollte *alles* gehen!
>
> EA
> Wir schaffen, was ihr wollt, und schaffen mehr,
> zwar scheint es leicht, doch ist das Leichte schwer!
> Denn schafften wir, was wir gesollt,
> dann habt ihr stets noch mehr gewollt;
> kaum, daß was geht, da sollt' es *so nicht* gehen,
> was ihr dann seht, das wollt ihr *anders* sehen,
> was ihr vernehmt, das sollte *anders* klingen,
> was *uns* gelingt, das will euch *nicht* gelingen,
> was euch *gefällt*, das könnte noch gewinnen,
> (doch *Zeit* soll hierzu nicht verrinnen),
> was ihr nicht braucht, das kommt euch viel zu nah,
> was ihr nicht findet, meint ihr, sei nicht da.
> Ihr wollt es schneller, schöner, besser,
> bringt man euch Löffel, braucht ihr Messer ...
>
> CdA
> Was wollt ihr jetzt mit solcher Bußtagspredigt,
> dadurch sind uns're Mängel nicht erledigt!
> Wir haben satt das ewige Ob und Wann,
> uns fehlen Gabeln - schafft sie an!
> Verfallt nicht dem Beamtentum,
> die *Tat* ist alles, nichts der Ruhm!
> Und große Taten freu'n uns, *größ're* mehr.
> Im übrigen sind uns're Taschen leer...
>
> EA
> Ei Possen! wo bleibt unser Lohn
> für ein' um andere beß're Version?
>
> CdA
> Es werden sich Poeten finden,
> der Nachwelt euern Glanz zu künden -
> was soll euch schnödes Eigentum,
> was soll euch Mammon, habt ihr Ruhm?
> Von euch läßt alle Welt sich raten,
> der *Ruhm* ist alles, nichts Dukaten!
>
> (Zwischengesang)
> Drei nette BibliothekarInnen
> (schweben auf einem Wölkchen herbei, ähnlich
> den Drei Knaben in der Zauberflöte)
>
> Weicheste Ware,
> o wunderbare,
> zeichnet die Zeichen,
> Hemmnisse weichen,
> nichts kann dem gleichen,
> was wir erreichen!
> Stets zu bewahren,
> was wir erfahren,
> und zu vererben,
> was wir erwerben,
> als ein Vermächtnis,
> dem Weltengedächtnis.
> Selbstloses Streben
> ist unser Leben,
> ist uns're Pflicht,
> was wir auch weben,
> vergeh'n soll es nicht.
> Ehre und Ruhm euch
> für Hilfe und Rat,
> Dank für das Werkzeug
> und für die Tat!
> An allen Zipfeln
> hebt nun die Hülle -
> zu neuen Gipfeln,
> zu neuer Fülle!
>
> CdA
> Ja, enthüllt sie, die Beschreibung,
> Kurz und ohne Übertreibung!
> Finden muß man, was man braucht,
> wenn sie wirklich etwas taugt.
> Neue Wege soll sie weisen,
> Alleen, keine schmalen Schneisen!
> Was drin steht, sei immer richtig,
> alles fehle, was nicht wichtig.
> Alles soll man gleich verstehen,
> was man liest, das muß auch gehen.
> Keine Frage bleibe offen,
> wird von Fehlern man betroffen!
>
> EA
> In der Ferne, allzu weit,
> schimmert die Vollkommenheit!
> Ob man sie gleich gerne sähe...
>
> H.A.
> Führt uns schleunig in die Nähe, ...
>
> EA
> ... bleibt sie unerreichbar doch, ...
>
> T.B.
> ... nicht morgen, sondern heute noch!
>
> EA
> ... wieviel Schritte man auch tut, ...
>
> T.B.
> Wie? - verläßt euch jetzt der Mut?
>
> EA
> ... wird sie stets noch sich entziehen,
> wenn man sie erobern will, ...
>
> H.A.
> Kann das sein? Oh schweiget still!
>
> EA
> ... im Verborgenen nur blühen,
> keinen Blicken ausgesetzt!
>
> CdA
> Gebt's nur zu, ihr scherzet jetzt!
>
> EA
> Schöner Schein, der ewig trügt,
> glücklich wird, der sich begnügt!
>
> T.B.
> Zu neuer Predigt hebt er an!
> H.A.
> Diesmal, fürcht' ich, ist was dran ...
>
> EA
> Der mit dem, was ihm gegeben,
> und dem Werk der eig'nen Hand,
> eig'nem Geiste und Verstand,
> sich erschafft das eig'ne Leben.
>
> CdA
> Nur in mühevollem Streben,
> wie seit alters lang bekannt,
> kommt man ins Gelobte Land?
> Eure Zauber sollen binden,
> was die Moden streng zerteilen,
> jeder soll das seine finden,
> die Version soll alles heilen!
> Das Unzulängliche sei überwunden,
> das Unverständliche, vorbei ist es wann?
> Am Unvergänglichen woll'n wir gesunden!
> Das Ewiggültige, fängt es nie an?
>
> So zeigt denn, was ihr zeigen könnt!
>
> B.A. (hebt die Hülle)
> Hier steht alles jetzt im Lichte!
>
> (Paukenschlag und Fanfaren)
>
> CdA (offenen Mundes)
> ... Gaben, die noch keiner kennt!?
>
> B.A. (zur Seite)
> Morgen sind auch sie - Geschichte.
>
> (Verhallender Paukenwirbel...)
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