Von "allegro classico" zu a99/alcarta

Allers Heinrich allers at goethe.de
Di Sep 21 14:02:55 CEST 1999


Allegro-Expertentreffen am 16./17.9.1999 in Braunschweig  
(Notizen von Heinrich Allers)


Insgesamt 43 Teilnehmer (außer Braunschweiger Entwicklungsteam) aus
Ahrensburg, Berlin (6), Bochum, Bonn (3), Bremen, Darmstadt, Düsseldorf,
Erfurt, Florenz (2), Friedensau, Greifswald, Hamburg (2), Heidelberg,
Karlsruhe, Kiel, Klagenfurt, Leipzig, Lüneburg, Magdeburg (2), Malente,

Marburg, München (3), Münster (3), Oppelhain, Paris, Rathenow, Rom,
Stade und Wolfenbüttel. 

Mit diesem Expertentreffen scheint mir eine neue Phase der
Allegro-Entwicklung angebrochen zu sein, die dadurch gekennzeichnet ist,
daß, wenn man von "allegro" spricht, man die Windows-Programme a99 und
alcarta meint. Dieses Windows-Allegro ist aus der Beta-Phase
herausgetreten und steht jetzt  
für "allegro"; dem DOS-Allegro wurde auf diesem Treffen der Name
"allegro classico" gegeben.

Überraschend war zwar, daß sich auf die Frage, wer denn nun bereits das
immerhin vor einem Jahr von der Entwicklungsabteilung angebotene a99
einsetze, zunächst einmal niemand meldete. In der weiteren Diskussion
stellte sich aber heraus, daß zwei Teilnehmer durchaus in nennenswertem
Umfang mit a99 arbeiteten, und daß eine Reihe von weiteren a99-Anwendern
sich nicht zu diesem Treffen angemeldet hatte.

### 

Grundlage und Leitfaden des Hauptreferates und der damit verbundenen
umfangreichen Demonstrationen des Entwicklungsstandes von Allegros
Windows-Version, mit der Bernhard Eversberg das Expertentreffen
eröffnete, bildeten die Allegro-News Nr. 55 vom 16.9.1999 sowie die
Verlautbarung der Entwicklungsabteilung Nr. 117 vom gleichen Tage, die
über die Allegro-E-Post-Diskussionsliste verbreitet wurde, sowie die
Gliederung dieses Expertentreffen-Beitrages unter 
http://www.allegro-c.de/allegro/expert99.htm 

### 

Zu den Allegro-News Nr. 55: 


a)  

Der "Leitartikel" enthält Betrachtungen zu Registern im
Online-Benutzerkatalog ("OPAC"): Sind sie nötig, nützlich oder
überflüssig? (Auffallend ist, daß nur wenige der im Netz der Netze
angebotenen Kataloge über ein Register verfügen; so entbehrt selbst der
neue Katalog der Library of Congress eines solchen: 
http://catalog.loc.gov/ 

Wie sollen Register aussehen? RAK sagt dazu nicht viel, die
Programmhersteller toben sich deswegen im unnormierten Raum aus. Aber:
Basisempfehlungen der zu dieser Frage gebildeten
RAK-Online-Arbeitsgruppe werden noch in diesem Jahr herauskommen.    


b) 

Unter dem Titel "a99: Einstieg in die Windows-Klasse" (auf S. 2-7) ist
erstmalig der Versuch gemacht worden, solchen Neueinsteigern in Allegro,
die die DOS-Programme überschlagen und vom ersten Beginn an gleich mit
a99 loslegen, eine Anleitung vorzulegen. (Bisherige Kurzanleitungen zur
Benutzung 
von a99 richteten sich ja immer noch vor allem an diejenigen, die
bereits im Umgang mit "allegro classico" Erfahrungen und Kenntnisse
gesammelt hatten).   

Gedacht ist dieser Text als erster Versuch oder mögliche Keimzelle eines
umfassenderen Manuals zu Allegros aus den Kinderschuhen
herausgewachsenen Windows-Version. Kritik mit Änderungs- und
Erweiterungsvorschlägen ist deshalb willkommen, um dem möglichen
weiteren Ausbau dieses Kapitels zu einer  
umfassenderen Dokumentation eine Richtung geben zu können.   


c) 

"Muss man wissen, was dahinter steckt?" ist der nächste große Abschnitt
der News Nr. 55 überschrieben, der auf deren S. 8 beginnt.   

Exkurs: Spätestens bei dieser Überschrift wird man des Umstandes gewahr,
daß die Allegro-News, bisher sprachlicher Ausgefeiltheit und
orthographischer Richtigkeit wegen ein Fels in der Brandung der
Sprachschluderei, offensichtlich auf die neue Rechtschreibung
übergegangen sind. (Wie liest man  
eigentlich diese Überschrift? Herkömmlichen Regeln folgend mit Betonung
auf dem letzten Wort der Frage. Dann gibt es aber keinen Sinn, oder
nicht den, der mit der Überschrift ausgedrückt werden soll: muß der
Reform der Rechtschreibung auch noch eine Reform der Aussprache
folgen?).    

Die Frage, mit der die Seiten 8 bis 14 überschrieben sind, ist
rhetorisch gemeint; Allegro geht nicht von seinem Anspruch ab, dem
Anwender und Systemverwalter transparent darzustellen, was bei diesem
Programmsystem wirklich abläuft, und auf diesen Seiten wird auf der
Grundlage des derzeitigen und durch die Konsolidierung der Programme
a99/alcarta gekennzeichneten Entwicklungsstandes ein neuer Versuch
unternommen, diese  
Transparenz zu vermitteln.

### 

(Zum folgenden siehe auch die bereits genannte Verlautbarung 117!
Einiger Redundanzen wegen wird um Verzeihung gebeten). 

Gewisse Verschönerungen der Oberfläche sind zu begrüßen, die zwar nichts
mit der Funktionalität des Programms zu tun haben, wohl aber der
Erwartungshaltung entgegenkommen, der sich Windows-Programme und somit
auch Allegros a99/alcarta ausgesetzt sehen:   

Das a99-Fenster kann nun beliebig verkleinert und bis hin zum Vollbild
vergrößert werden. Das Ergebnismengenfenster ist leicht grünlich gefärbt
(so, wie die bearbeitete, aber noch nicht abgespeicherte Aufnahme auch
bisher schon gelb getönt war), um es vom Indexfenster leichter
unterscheiden zu können. 
 
Der Offline-Speicher ist aus demselben Grund jetzt leicht gelb
eingefärbt. 

(Lesens- und bedenkenswert scheint mir zu sein, was B.E. in der
Verlautbarung 117 zu diesen Schnickschnack-Dingen schreibt).   

Unter den Funktionalitätsverbesserungen ist von besonderer Bedeutung der
Ausbau des Mechanismus der "Flexe", mittels dessen nicht nur
datenbankinterne Prozesse in zunehmend verfeinerter Form ausgeführt,
sondern auch externe Prozesse (Programme, Stapeldateien usw.)
eingeleitet werden können.   

Neuerdings können Flexe nicht nur aus einer Datensatzanzeige heraus (in
Fortsetzung der "Flip"-Technik), sondern sogar extern angestoßen werden,
d.h. vom DOS-Fenster aus! Mit dieser Möglichkeit zur Benutzung von
"externen Flexen" eröffnen sich Möglichkeiten zur Simulation von
Stapelabläufen, derer Allegro auch weiterhin bedarf, die aber von
Windows unglaublicherweise nicht bereitgestellt werden.

Im Schreibfeld sind nun mehrere Kategorien gleichzeitig eingebbar.   

Als RTF-Dateien vorliegende Hilfedateien lassen sich (bei in der
INI-Datei festgelegter Maximalberechtigung ACCESS=4) ins Anzeigefenster
hereinziehen, dort bearbeiten und dann in der veränderten Form wieder
abspeichern! Also ist die Entwicklung von Hilfsseiten innerhalb von a99
möglich! 

(Praktisch wird man sich dieser Möglichkeit nicht bedienen, nur zur
Illustration der Möglichkeit sei's gesagt: Ach das Schreiben und
Abspeichern einer RTF-Datei ist auf diese Weise, also ausschließlich mit
"a99-Bordmitteln" möglich!).

Mit <Alt>+'+' und <Alt>+'-' läßt sich in den Registerschlüsseln so
blättern, wie das bei PRESTO mit 'n' und 'v' zu machen ist.   

Bei der Erfassung war Übernahme von Registereinträgen schon länger
möglich; neu ist jetzt, daß, wenn ein Registereintrag die Struktur 

X: abc=xyz 

hat, mit COPY die für 'abc' stehende Zeichenfolge übernommen werden
kann; egal ist dabei, für welche Zeichenfolge 'X' steht, allein der
Doppelpunkt dahinter ist wichtig.   

Es ist eine "Signaldatei" eingeführt worden, der Namensstruktur   

<Datenbankname>.SGF 

um eine (im Netz liegende) Datenbank zwecks Sicherung oder Indexierung
blockieren zu können.   

Lustig, aber ganz bestimmt gelegentlich sehr nützlich sind folgende
Funktionen: Steht im Indexfenster und im Kurztitelfenster (einer
Ergebnismenge) in dem Feld, in das man etwas schreiben kann, die Zahl n,
und drückt man dann den Knopf LIST, dann werden genau n Zeilen
Registerauszug bzw. n Zeilen aus dem Kurztitelverzeichnis zur
Ergebnismenge ins Anzeigefenster projiziert, wo sie markiert werden und
via Editor in eine andere Datei eingefügt werden können. 

Mit <Alt>+r bringt man die Hintergrundkategorien in den Blick. 
 
Mit <Alt>+k kopiert man Kategorien aus dem Hintergrundspeicher in die
aktuelle Aufnahme.  

Verknüpfung (UND, ODER, NICHT) von Ergebnismengen sind jetzt möglich.
Das kann mit den entsprechenden Knöpfen geshehen, aber auch "klassisch"
mit '+', '/' und '-'. Das Ergebnis dieser Verknüpfungen ist nicht
sortiert (kann aber natürlich leicht sortiert werden).    

<Alt>+s sortiert (Ergebnismengen) nach Satznummern. 

<Alt>+c läßt vom Schreibfeld ins Auswahlfeld springen. (Das steht
jedenfalls in meinen Notizen, ohne daß ich es zu Hause zu verifizieren
vermocht hätte).    

Längere (längere als 72 Zeichen) Kurztitel werden demnächst in a99
realisiert werden.

Ein Problem liegt in der Länge der Namen von Ergebnismengen, die
gelegentlich erreicht werden können. Nur auf Umwegen kann man diese
markierbar machen.   

Zur Erfassung ist die Methode der "Formularfenster" weiterentwickelt
worden: Wegen der Plausibilitätsprüfungen darf bei der Eingabe der
Felder nicht <TAB>, sondern muß <Eingabetaste> verwendet werden.- Bis zu
50 Formulare können definiert werden, mit bis zu 14 Feldern pro
Formular.- Die Größe der Felder kann nicht vom Anwender eingestellt
werden. 

Um einen neuen Satz ungültig zu machen, gibt es den Knopf DEAKTIVIEREN.


In Ergebnismengen markiert 'Entf.' Titel zur Löschung, während 'ENTF'
die zur Löschung vorgesehenen Titel definitiv löscht.

Das Programm ALLEGRO.EXE, beinahe schon nur historisches Kernprogramm
von "allegro classico", ist durch a99 abgelöst worden; Aufruf einer
Allegro-Grunddatei zum Redigieren mit 
'a99 <Dateiname>'.    

Das Eingabesystem ist noch nicht ausgereift; seine Entwicklung ist
vorübergehend zurückgestellt worden und wird demnächst Objekt weiterer
Bemühungen sein müssen.

### 

Diskussion: 

Die 64-K-Grenze für im RTF-Anzeigefenster darstellbare Listen ist
kritisch, weil in der Praxis schnell zu klein.   

Im Jahre 2000 wird es neue EU-Regeln zur "Software"-Ergonomie geben. Es
steht zu erwarten, daß Entscheidungsträger dann in freier Interpretation
dieser Regeln Programmen nicht mehr den Zuschlag geben, die nicht pure
Windows-Programme sind und noch Spuren von DOS-Elementen erkennen
lassen. Bis hin zu dem Extrem, daß auch Hintergrundprozesse keine
DOS-Abläufe mehr sein dürfen.   

### 

Annemarie Tews aus Leipzig, eine der Testanwenderinnen von a99/alcarta,
wenn nicht die, die sich als engagierte Hauptestanwenderin die meisten
Verdienste darum erworben hat, daß A99/alcarta heute so weit ist, wie es
ist, berichtete über Ihren Aus- und Umbau eines eigenparametrierten
Erwerbungssystems auf a99, sowie auf den Entwurf eines
alcarta-gestützten Online-Benutzerkataloges ("OPAC").

### 

Michael Köhn von der Büchereizentrale Lüneburg - Adresse:  
http://www.bz-lueneburg.de/ 
- berichtet von deren Aufgaben im Bereich der Öffentlichen Bibliotheken
des Landes Niedersachsen. Der Ruf nach Windows ist heftig; daneben aber
bildet die Aktualisierung und Modernisierung von "allegro classico"
durchaus noch Thema der Büchereizentrale.
  
### 

Bernhard Eversberg stellt noch einmal das allegro-basierte
Orientierungssystem der UB der Tecbnischen Universität vor und erklärt
die dahinterstehenden Mechanismen: 
http://www.allegro-c.de/CoOL/ 

Hinter dem Zugriff auf die dreistellige Fachsystematik stecken z.B.
Aufrufe des Datenbanksystems PICA.- Im Bereich der Zeitschriften bildet
ein ärgerliches Problem der Umstand, daß es z.B. im PICA-Katalog 1000
falsche ISSNs gibt; selbst Verlage erlauben es sich, auf ihren
WWW-Seiten falsche ISSNs ihrer Zeitschriften anzugeben.  

### 

Peter Pfeiffer von der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel beschreibt
die Katalogisierung der Leichenpredigten (17. und frühes 18. Jhdt.,
bedeutende sozialgeschichtliche Quelle, da hier z.B. auch einmal über
Frauen geredet wird) und ihre Präsentation im Internet:  
http://avanti.hab.de/hab_db/lpx/start_ger.html 

Diese Präsentation ist betont auf den zu vermittelnden Inhalt
konzentriert und seine sorgfältige Erschließung ausgerichtet: das fällt
gleich ins Auge, es hätte kaum des Hinweises durch den Referenten
bedurft, daß es hier keinen Schnickschnack gibt, auch von Rahmen
("frames") keine Spur! 

Mit seiner Schlußbemerkung "So schön a99 ist - mir gefällt avanti
besser!" reißt P. Pfeiffer einmal mehr die auch an anderen Stellen des
Expertentreffens aufkommende Thema an: wird es langfristig bei
"monolithischen" Programmen wie a99/alcarta bleiben, oder werden sie von
Klient-Dienstleister-("Client-Server"-)Systemen wie avanti abgelöst
werden? 

### 

Dierk Höppner vom Allegro-Entwicklungsteam beschrieb ein
avanti-gestütztes Verfahren zur Erstellung von Rechnungen für den
Online-Dokumentenlieferdienst der UB (SUBITO und DBI-Link). Damit wird
die Arbeitsbelastung der zuständigen Sachbearbeiterin durch
Verwaltungstätigkeiten (Abrechnung etc.) aufgefangen bzw. drastisch
reduziert, die in dem Moment sprunghaft stieg, als die UB Braunschweig
SUBITO-Lieferbibliothek wurde.

Er weist anschließend auf Fehler in avanti hin, die noch nicht beseitigt
werden konnten, und stellt einige Punkte zur Diskussion, von denen er
sich vorstellt, daß avanti erweitert werden könnte oder müßte (Rotation
der Datenbank-Logdatei; Beschränkung des Zugriffs via avanti auf
bestimmte "Hosts"; Heraufladen - "Upload" - eigener Parameterdateien auf
den Rechner, auf dem avanti läuft; Sperrung des Zugriffs auf
Datenbanken). Die Meinungen zu Erfordernis und Sinn dieser Erweiterungen
bleiben geteilt. Diese Punkte sollen nochmal in der
allegro-Diskusionsliste einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt
werden.

Zur Erstellung von Klienten-Programmen ist (nach PERL, Python, ...) eine
neue Sprache aufgetaucht: PHP; in dieser Sprache ist das gleiche Prinzip
realisiert, dem auch POPULO (von Thomas Berger entwickelt) folgt. Es
wurde ein erster Ansatz vorgestellt, mit dem versucht werden soll, die
Erstellung individueller WWW-Schnittstellen für allegro-Datenbanken zu
erleichtern.

In diesem Zusammenhang wurde die Möglichkeit oder besser: Unmöglichkeit
der Lieferung von Knopfdruck-WWW-Schnittstellen und das damit
korrelierende Erfordernis einer erweiterten Dokumentation diskutiert. Da
sehr viele Nutzer entweder wenig von der Anbindung einer Datenbank an
das WWW verstehen oder Systemverwalter nur sehr wenig von allegro, wird
als erste Konsequenz die Dokumentation der bisherigen Braunshweiger
WWW-Schnittstelle überarbeitet und durch Leitfäden ergänzt.

### 

Robert Fischer aus Berlin berichtet von dem Knopfdruckverfahren der
Erstellung einer Neuerwerbungsliste mit allem Drum und Dran im
HTML-Format, das er für die Bibliothek der Pädagogischen Hochschule
Ludwigsburg entwickelt 
hat. 

### 

Stefan Aumann vom Herder-Institut in Marburg an der Lahn stellt die
"Literaturdatenbank Geschichte Ostmitteleuropas" vor, die in
internationaler Kooperation aufgebaut wird:
http://www.uni-marburg.de/herder-institut/grundlagen/bibliographien/lit_
db.html 
(Alles in einer Zeile!) 

Die besondere Problematik dieser Datenbank liegt in deren konsequent
durchgeführten Zweisprachigkeit (Zweisprachigkeit nicht nur auf der
Oberfläche, sondern auch bis hin zu den Deskriptoren!). Dem Eindruck
wird nicht widersprochen, daß ein ganzer Teil dieser Probleme sich
erledigen würde, wenn die Möglichkeit des Nachladens im zweiten
Durchlauf der Indexierung eröffnet würde. 

### 

Schlußdiskussion: 

Es wird der Aufwand untersucht werden müssen, den es bedeutet, die
restlichen Allegro-Programme (vor allem INDEX.EXE und SRCH.EXE; das
Erfordernis für QRIX.EXE wird entfallen) auf 32-Bit-Windows umzustricken
oder neu zu schreiben. Dies auch vor dem Hintergrund der vorherrschenden
Auslegung der bereits angesprochenen EU-Richtlinien, die, so falsch das
auch ist, Ergonomie mit Windows gleichzusetzen, davon ausgeht, daß
graphische Oberflächen per se ergonomisch optimal sind. 

### 

Am Rande des Expertentreffens, aber wie üblich, weil als Gesprächsabend
gestaltet, mit ihm eng verflochten und in gewisser Hinsicht seine
Fortsetzung, ein opulentes Buffet am 16.9. abends, dieses Mal mit
einigen besonderen Akzenten der Koinzidenz des 50. Geburtstages von
Bernhard Eversberg mit dem 13. Expertentreffen wegen. 

Der nach dem Chefentwickler zweitlängste Allegro-Anwender und
-Entwickler Peter Pfeiffer, jetzt Wolfenbüttel, würdigte auch im Namen
der Anwesenden mit einer kurzen Ansprache diesen Anlaß und - wie konnte
es anders sein! - warf dabei auch ein Licht auf anderthalb Jahrzehnte
Allegro-Entwicklung: 


"1985 ... wechselte [ich] von der Systemprogrammierung der
Humboldt-Universität in die Staatsbibliothek in Berlin, Unter den Linden
.... Ich war völliger Neuling im Bibliothekswesen und nutzte den Bücher-
und Zeitschriftenschatz meines neuen Arbeitgebers, um Grundwissen und
know how für meine neue Arbeit zu erwerben; ich hatte uneingeschränkten
Zugriff zur 'Westliteratur', was damals nicht normal war. Ich las und
las, lernte die verschiedensten Bibliothekssysteme kennen - von vielen
kennt man nicht mal mehr den Namen, über andere lächelt man nur noch.
Die Systeme liefen auf Großrechnern - Jumbos - und waren aus heutiger
Sicht alles andere als komfortabel. 

Ich hatte die Aufgabe erhalten, ein Bibliothekssystem auf der Grundlage
von UNIX zu entwickeln, daß für die Katalogisierung und spätere
Recherchen dienen sollte. Und meine Mitarbeiter und ich entwickelten ein
Konzept, portierten ein Datenbanksystem auf die in der SB verfügbare
Anlage und wollten daran gehen, ein geeignetes Benutzerinterface zu
schaffen. 

Aber bei dem Lesen und Vergleichen traf ich eines Tages auf einige
Artikel, die durch das Stichwort 'allegro' indiziert waren und damit auf
den Verfasser, einen gewissen Bernhard Eversberg. Und diese Artikel
vermittelten mir, daß wir dabei waren, 'das Rad erneut zu erfinden'.
Alles das, was ich bis dahin erdacht hatte - ja sogar mein Datenmodell -
gab es bereits." 


Allen damals üblichen Schwierigkeiten zum Trotz gab es dann doch ein
Treffen mit dem Allegro-Entwickler: 


"In diesem ersten Gespräch erhielt ich Einblick in die Interna von
allegro und mir wurde noch klarer, daß eine Eigenentwicklung Unsinn war,
denn mir wurde deutlich ..., daß die damalige Version vorübergehend war
und das Konzept umfängliche Erweiterungen zuließ, was sich im Nachhinein
ja auch bestätigte. 

Der Besuch ... besiegelte das Schicksal der ursprünglichen
Eigenentwicklung." 


Nicht jeder weiß, daß bereits vor 1989 in der DDR Allegro benutzt wurde,
somit Teil der DDR-Geschichte bildet und nicht erst per "Wende" ins Land
kam. Die Lizenz zur dortigen Nutzung von Allegro war damals durch
Vermittlung des Entwicklers (B.E:) kostenlos zur Verfügung gestellt
worden.

P. Pfeiffer fährt in diesem Zusammenhang fort: 


"So entstand eine kleine allegro-Anwendergruppe, die experimentierte und
erste Erfahrungen in der Parametrierung und Anwendung sammelte. Das
ganze ging nicht ohne Reibungen ab - ich mußte mich mehrmals
verantworten, daß ich ein Produkt des Klassenfeindes in der DDR
vertrieb, ... Mit diesem Einzug von allegro in einige ostdeutsche
Bibliotheken wurden gravierende Rückstände in den Köpfen einer Reihe von
Bibliothekaren überwunden, sodaß eine größere Anzahl - einige von ihnen
sind unter uns - keine 'Entwicklungshilfe' benötigten, sondern auf
diesem Gebiet 'Westniveau' hatten. Dafür, ... danke ich ... auch im
Namen vieler Bibliothekare aus den neuen Ländern." 


P. Pfeiffer kommt schließlich wieder auf Charakteristika von Allegro
zurück und skizzierte dessen weitere Entwicklung: 


[Der Chefentwickler] "... fügte ...eine Erweiterung nach der anderen in
allegro ein: Rechenbefehle, Nachladen, Flips u.v.m. Und es ist fast ein
Wunder: keine Probleme mit alten Daten oder Parameterfiles - volle
Kompatibilität bis zur Version 16! Das bewiest, daß das Grundkonzept,
das Datenmodell und seine Realisierung genial angelegt waren und sind. 

Kein System, das ich kenne, hat mit so geringem Personalaufwand (ich
rede nicht von den durchgearbeiteten Wochenenden und Nächten) derartige
Leistungen und Lebensjahre erreicht - die meisten verschwanden nach ein
paar Jahren oder gingen in neuen Systemen auf, die in der Regel nicht
kompatibel sind.  

Große Bewunderung zolle ich dem Übergang von der funktionalen zur
objektorientierten Programmierung, die sich in der Fertigstellung von
avanti manifestierte. Für jemanden, der wie B.E. jahrelang funktional
programmierte, ist der Umstieg auf die objektorientierte Ebene wegen der
andersartigen Denkweise meist schwierig ... Aber avanti ist der Beweis -
der Umstieg ist geglückt. 

Bei der ebox, alcarta und a99 wird 'gefensterlt'. Hierzu war eine
weitere einschneidende Umstellung in der Programmierungstechnologie
erforderlich. Für jemanden der lange Zeit seines Lebens Programmzeile
nach Programmzeile  geschrieben hat, sind GUI-Werkzeuge zwar mächtig,
aber gewöhnungsbedürftig. Aber die real existierenden Programme beweisen
eine bewundernswürdige Flexibilität." 

###

Von einer anderen Art von Flexibilität, offensichtlich nicht unter der
Last der Allegro-Entwicklung leidend, legte auch ein Produkt Zeugnis ab,
das der Gefeierte im weiteren Verlauf vorstellte und seinen Gästen
übergab: Die limitierte, numerierte und handsignierte Exklusivausgabe
von "allegro spiritoso : 50 Gedichte / Bernhard Eversberg; hrsg. von
Anette Wegelt.- Braunschweig, 16. September 1999.- 50 S."




Mehr Informationen über die Mailingliste Allegro