Bericht vom allegro-Expertentreffen

Heinrich Allers allers at goethe.de
Di Nov 17 09:31:38 CET 1998


allegro-Expertentreffen in Braunschweig (22./23.10.1998) 


Zu Beginn stellte Dierk Höppner Konsolidierungen der
konventionellen Allegro-Ableger ORDER (Erwerbungsprogramm)
und ALF (Ausleihprogramm) dar. Insbesondere ist jetzt mit
der Ersetzung der zweistelligen Jahreszahlen in ALF durch
vierstellige  Zahlen Allegro durchgehend Jahr-2000-fähig
geworden.

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Kern- und Höhepunkt bildete die Vorstellung des Programmes 
mit dem Arbeitstitel a99, d.i. die  Windows-Version von 
Allegros Haupt-Programm PRESTO. Diese Vorstellung besorgte 
natürlich der Chef der Allegro-Entwicklungsabteilung, 
Bernhard Eversberg. Zusammenfassend kann man sich über dessen
Darstellung der verzweigten Entwicklungslinien unter der
Adresse http://www.biblio.tu-bs.de/allegro/4wege.htm
informieren: Hier eröffnet sich ein Überblick über die
diversen Produkte der Braunschweiger Allegro-Küche,
angereichert um eine Verweisung in die Allegro-Historie von
1980 bis heute.

Das Arbeiten mit a99 verlangt ein neues Denkmodell, das des
objektorientierten Denkens. a99 bildet noch nicht den Endpunkt
der Entwicklung eines Windows-Allegros. Bei a99 handelt es
sich um eine Windows-Dialoganwendung, die noch in eine
Dokumentarchitektur eingebettet werden wird. (Worin im
einzelnen die Charakteristika einer Dialoganwendung gegenüber
einer Dokumentanwendung bestehen, das wurde auf diesem Treffen
nicht behandelt). 

a99 bildet ein Windows-Programm, das - wie gesagt - Allegros
Kernprogramm PRESTO ersetzt und - das sei vorweg gesagt -
mehr als ersetzt. a99 arbeitet auf den gleichen Datenbanken,
auf denen auch das DOS-Allegro und der Datenbankserver
`Avanti' arbeitete (und weiter arbeiten kann). Dies verdient
besondere Erwähnung, weil es nicht selbstverständlich ist,
daß die Anwendung von a99 keinen Datenbankumbau verlangt,
daß die gleiche Datenbank, die unter UNIX und DOS mit Allegro
bearbeitet werden kann, dies auch unter Windows gestattet.

Um a99 einsetzen zu können, muß man nur sehr wenig tun: Man
muß lediglich die Anzeigeparameterdatei (die Datei, die die
Anzeige der Titelaufnahme auf dem Bildschirm steuert), etwas
bearbeiten. Dieser minimale Handlungsbedarf ergibt sich
allein schon daraus, daß die unter DOS-Allegro im ASCII-Kode
verschlüsselten Zeichen zur Darstellung unter Windows in
ANSI-Kode übersetzt werden müssen. Zu beachten ist dabei
aber, daß die bei der Bearbeitung unter Windows im ANSI-Kode
eingegebenen Zeichen im ACSII-Kode in der Datenbank abgelegt
werden, was eine Voraussetzung dafür bildet, daß diese
Datenbank auch weiterhin mit den DOS-Programmen Allegros zu
bearbeiten und zu lesen ist. 

Der mit a99 gebotene Umfang von Funktionen geht zwar weit
über das hinaus, was das DOS-PRESTO bot, umfaßt aber  dessen
Angebot nicht vollständig. Z.B. ist Trunkierung in der
gewohnten Form unter a99 nicht möglich. Es gibt aber einen
Ersatzweg mit dem gleichen Effekt. Auch von dem weiten
Spektrum an Möglichkeiten, unter DOS-Allegro Farben bei der
Anzeige von Titelsätzen einzusetzen, bleibt bei Windows
übrigens nur noch Schwarz-Weiß über. Als grundsätzliche
Schwierigkeiten bei der  Entwicklung von Windows-Programmen
erweist sich ferner, daß es hier an Funktionstasten nur <F1>
gibt.  Wenn man das Stichwort `Funktionstaste' in dicken
Wälzern der Programmierung unter Windows sucht, findet man
nichts. 

Das Katalogisieren ist jetzt objektorientiertes
Katalogisieren. Die Objekte bilden dabei die den
Titelaufnahmen entsprechenden Datensätze; jetzt kann nicht
mehr nur - wie bisher - ein einziger Titelsatz in
Bearbeitung genommen werden, sondern es können derer mehrere
gleichzeitig bearbeitet werden. Es erfolgt auch keine
Sperrung mehr der zur Bearbeitung herangezogenen Titelsätze,
denn es steht ja im vorhinein überhaupt nicht fest, ob diese
Titelsätze wieder zurückgespeichert werden. Erst beim
Zurückspeichern wird anhand des Zeitpunktes der letzten
Bearbeitung festgestellt, ob der betreffende Datensatz
inzwischen, während er bearbeitet wurde, bereits von anderer
Stelle verändernd angefaßt wurde. 

Ergebnismengen lassen sich nunmehr sortieren, Erfüllung eines
lange und wiederholt geäußerten Desiderats. Es lassen sich
nicht nur eine, sondern auch mehrere Ergebnismengen bilden,
die während der ganzen a99-Sitzung bestehen bleiben, und,
wenn man das beim Abschied von a99 ausdrücklich veranlaßt,
auch bis zur nächsten Sitzung erhalten bleiben. Wer sich nun
schon freut, alter GRIPS/DIRS-Komfort sei nun auch unter
Allegro möglich, der hat sich zu früh gefreut: Bisher sind
keine (logische) Kombinationen von Ergebnismengen möglich.
Zurück zur Eingabe von Datensätzen, der Haupt- und
Kernfunktion des alten' Programms PRESTO: Jetzt kann man
Formulare definieren, die die Eingabe von neuen Datensätzen
steuern und die die bekannte zeilenweise Abfrage der
Kategorien durch das Ausfüllen der Kästchen eines Formulars
ersetzen.

Wie das beim Fortschritt so ist, es gibt eine Reihe von
Dingen, bei denen man umlernen muß! Beispiele: Die Definition
von Phrasen erfolgt nicht mehr - wie bisher - durch <Esc> plus
Buchstabe, sondern durch <Strg> plus Buchstabe. Der
Datenbankwechsel erfolgt nicht mehr mit <Alt>+a, sondern mit
<Alt>+<Tab>.

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Cord Veltkamp berichtete von dem beim Allegro-Team in
Braunschweig angesiedelten DFG-Projekt der Entwicklung einer
Z39.50-Schnittstelle zu Allegro. Z39.50 steht für die
Erfüllung des mittlerweile beinahe jahrzehntealten Traums,
bibliographische Datenbanken verschiedenster Strukturen und
Abfragesprachen unter einer einheitlichen Oberfläche
konsultieren zu können. 

Z39.50 ist der Schlüsselbegriff für Pläne und Projekte, die
im vorigen Jahrzehnt in der Bibliothekswelt unter dem Begriff
OSI (= Open Systems Interconnection) liefen. Z39.50
bezeichnet ein wohldefiniertes Protokoll (verständlicher
ausgedrückt: Format), das dem Bedürfnis nach Normierung von
Suchanfragen gerecht wird, die auf einer besimmten ISO-Norm
beruhen. Das Format, das dabei der Übermittlung der
bibliographischen Daten dient, ist USMARC. 

Konkret: Der Auftrag der DFG an das Allegro-Team in
Braunschweig besteht sowohl in der Entwicklung eines
Z39.50-fähigen Datenbank-Servers als auch in der eines
Klienten-Programmes, das nicht nur auf - sozusagen
systemeigenen - Allegro-Datenbanken zu recherchieren vermag,
sondern auch seine ins Z39.50-Protokoll verpackten
Suchanfragen an jede beliebige Datenbank in der Welt zu
schicken vermag, die für ihre Z39.50-Zugänglichkeit gesorgt
hat. 

Der in Braunschweig entwickelte Z39.50-Server ist bereits
Ende Oktober in den Testbetrieb eingetreten; die Entwicklung
des Z39.50-Klientenprogrammes muß in Erfüllung des
DFG-Projektauftrages bis Ende 1998 in Braunschweig
abgeschlossen sein.

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Thomas Berger stellte kurz seine eigene Entwicklung der 
Avanti-Auftragsprache populo zur Entwicklung eines
Web-Klienten vor. Er weist darauf hin, daß ein gut gemachter
Online-Benutzerkatalog (OPAC) stets besser sein wird als der
Z39.50-vermittelte Zugang zu demselben Katalog (Nachteil der
Z39.50-Schnittstelle als Ausdruck eines kleinsten
gemeinsamen Nenners). Er benutzt dabei als Beispiele zwei
internetzugängliche Allegro-Datenbanken: Fachverbundkatalog
der Kunstinstitute in München, Florenz und Rom
(http://www.kubikat.org/) sowie den Katalog der
Sonderbestände der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern
(http://www-db.lbmv.de/). 

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Peter Pfeiffer berichtete mit dem ihm eigenen Engagement,
das auch dadurch keine Minderung erfährt, daß er ein Jahr vor
dem Ruhestand steht, von dem Projekt der Wolfenbütteler
Bibliothek zur Digitalisierung der  wertvollen
Bibliotheksbestände. Zum Beispiel soll der Sachsenspiegel im
nächsten Jahr im Internet aufgelegt werden. Grundsatz bildet
dabei, daß ein Buch bei seiner Digitalisierung das
allerletzte Mal in die Hand genommen und ab dann nur in
seiner digitalisierten Form (als Bilddatei) studiert werden
darf. Die Digitalisierung des Buches hat mit einer Tiefe zu
erfolgen, die die Qualität des Produkts maximal werden läßt
und nicht mehr eine spätere erneute Aufnahme erforderlich
wird. Dabei muß auch in Kauf genommen werden, daß riesige
Dateien entstehen. In diesem Zusammenhang kritisierte der
Referent hart die DFG-Politik zur Digitalisierung von
Dokumenten, die darin besteht, nur deren bitonales (sprich:
schwarz-weißes) Einlesen zu fordern. Er zeigte an Beispielen,
daß bereits bei  reinen Textdokumenten diese Technik des
Einlesens nicht zu hinreichend werktreuen Digitalisierungen
führt. 

Interessant übrigens das Ergebnis einer Marktbeobachtung, die
er mit dem Ziel anstellte, die zu behandelnden Dokumente
sinnvoll zu verwalten: Nach langem Hin und Her zwischen Kauf
eines Datenbankmanagementsystems zu einem fünfstelligen
Betrage und der Entwicklung eines solchen Systems mit eigenen
Kräften (Abbruch nach 3 Monaten) kam er zu dem Schluß, daß
das alles von Allegro geleistet werden kann.

Der Versuch, Allegro auf Java zu portieren, ist gescheitert,
nach einem halben Jahr Arbeit daran. Der Umfang der
erforderlichen Arbeiten übersteigt das einer einzelnen
Person mögliche Maß. Das bedeutet, so habe ich es nach einer
persönlichen Nachfrage beim Referenten schließlich
verstanden, praktisch erst einmal das Ende, Allegros
Zeichenverwaltungsmöglichkeiten sprunghaft auf das durch
UNICODE definierte Spektrum anwachsen zu lassen.



Heinrich Allers
Goethe-Institut (Ber. 82 / EDV) 
München
allers at goethe.de, http://home.t-online.de/home/allers
Telephon: ++89 / 15921 471; Telefax: ++89 / 15921 435

Heinrich Allers, Goethe-Institut (Ber. 82 / EDV), München
allers at goethe.de, http://home.t-online.de/home/allers
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** Wer das Nichtstun ebenso wie die Arbeit scheut, findet
** leicht zum Buch / Peter Brückner (*1922, +1982)




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