[Allegro] "allegro kann für jedes Datenschema konfiguriert werden" ??
Bernhard Eversberg
ev at biblio.tu-bs.de
Mi Apr 15 12:46:09 CEST 2015
Das steht großspurig auf unserer Homepage. In dieser Pauschalität kann
die Aussage wohl nicht mehr aufrechterhalten werden. (Wenn sie es denn
je gekonnt hat.)
Denn ein allegro-taugliches Schema braucht Kategorienummern oder -codes
von fester Länge, maximal 5 oder 6 Zeichen lang. Darunter fallen neben
dem 2stelligen a-Schema auch das 3stellige MARC und das 4stellige Pica3.
Auch MAB2 war nicht ganz ungeeignet und wurde zeitweise regional
präferiert.
Und wie sieht die Zukunft aus?
Es sind nun ganz andere Daten-Syntaxen im Vordringen, in aller Regel
XML-basiert (RDF oder RDFa), oder mit so etwas wie JSON bzw. JSON-LD.
Noch kann auf dem Sektor nicht von einem etablierten
oder auch nur ansatzweise als Norm betrachtbaren Schema geredet werden,
aber BIBFRAME ist auf dem Weg dahin. Man darf wohl sicher sein, daß
in diversen Hinterzimmern hektisch an neuer Software gedrechselt und
geschraubt wird, mit der dann BIBFRAME ins Zentrum rückt, doch niemand
wagt sich bis dato aus der Reserve.
Niemand wagt sogar zur Zeit eine Prognose, wann MARC21 abgelöst werden
könnte, was ja das erklärte Ziel der LC ist. Das Projekt ist aber, um
es neudeutsch zu sagen, "too big to fail" - es wird also was kommen und
man wird's einen Erfolg nennen und alternativlos.
Von 10 bis 20 Jahren hat man schon munkeln gehört, nur nicht von Seiten
der Protagonisten, sondern eher von Skeptikern.
Schon jetzt kann man aber sagen: Es ist nun eine Generation von
Programmierern am heranwachsen, die nichts weiß und nichts wissen will
von Schemata wie MARC oder vergleichbaren - dergleichen gilt als
hoffnungslos veraltet, die Beschäftigung damit als Zeitverschwendung.
Nun ist MARCistan, schon allein wegen der Investitionen, die in den
Systemkomplexen stecken, ein schwerfälliger Ozeandampfer, der für
jeden Kurswechsel viel Zeit braucht. Und schweres Geld.
Realistisch ist somit, daß man innerhalb der nächsten 10 Jahre zumindest
noch sehr viele Systeme betreiben wird, die intern mit MARC oder
vergleichbaren Strukturen arbeiten, d.h. man wird auch mit allegro noch
längst nicht hoffnungslos ins Hintertreffen geraten. Suchsysteme, die
anders konzipiert sind, wie VuFind, können ja jetzt schon problemlos
ergänzend hinzutreten.
Wenn auch das Problem der Akzeptanz und Kompetenz bei auf Seiten der
Systemverwalter eher noch wachsen dürfte, werden auch diese einsehen,
daß es kaum Sinn macht, von einem veraltenden System auf ein anderes,
gleichfalls veraltendes zu wechseln, bevor man vermutlich auf eine ganz
andere Plattform migrieren wird müssen, die dann kein mehr oder weniger
isoliertes und autarkes Lokalsystem sein wird, sondern eine
"cloudbasierte" verteilte Anwendung, die lokal an den Arbeitsplätzen nur
noch Browser braucht. Wie dann die hoch droben schwebenden Daten-
Wolkenmassen in sich strukturiert sein werden, damit hat das
Bodenpersonal in den Bibliotheken gar nichts mehr zu tun! Der
BIBFRAME-Editor gibt einen ersten, sehr provisorischen Vorgeschmack,
wie dann die Ansicht der Daten im Browser aussehen könnte:
http://bibframe.org/tools/editor/
und die Software dafür ist sogar frei herabzuladen. Für sich allein ist
das zwar noch keine Anwendung, aber eine notwendige Voraussetzung dafür.
Vorerst bleibt nun die Frage, was wir auf unserer Homepage an der
besagten Stelle jetzt schreiben könnten. Wir erwägen ein
zusammenfassendes Manifest zur Zukunftssicherheit oder sowas.
B.Eversberg
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